Betonoase Rummelsburger Bucht ist perfekt

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg weist Eilantrag gegen Bebauungsplan Ostkreuz ab

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Samstag war es ein Jahr her, dass das Obdachlosencamp an der Rummelsburger Bucht in Lichtenberg in einer Nacht-und-Nebel-Aktion geräumt wurde. Mit einer Kundgebung unter starker Polizeipräsenz ist am Nachmittag des Tages daran erinnert worden.

»Mit Unterstützung der Politiker*innen aller Parteien wurde das Areal Rummelsburger Bucht von einkommensarmen Menschen freigeräumt, damit Coral World, Padovicz, Investa GmbH und Groth Gruppe, um nur die wichtigsten kapitalistischen Player zu nennen, ihre Profitmargen auf dem Areal steigern können«, heißt es im Demonstrationsaufruf. Das reihe sich ein »in eine massive Gentrifizierungswelle, die auch die nähere Nachbarschaft erfasst hat«.

Auch der juristische Widerstand gegen die Baugenehmigung für das geplante Schauaquarium Coral World ist unterdessen gescheitert, wie die Initiative Bucht für Alle am Freitag mitteilte. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg habe einen Eilantrag gegen den Bebauungsplan Ostkreuz in einer Entscheidung vom 25. Januar abgewiesen.

Eingeleitet hatte der Verband Naturfreunde Berlin den Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan Ostkreuz, der Grundlage für die Baugenehmigung ist, bereits Anfang Januar 2020. Finanziert worden ist der Prozess mit Spenden. Nachdem das Gericht monatelang nicht reagiert hatte, ist im April 2021 noch der Eilantrag eingereicht worden, um die damals anstehende Erteilung einer Baugenehmigung zu verhindern. Neun Monate brauchte das Gericht für die Entscheidung. »Teilweise wöchentlich hat unser Anwalt das Gericht im letzten Dreivierteljahr angeschrieben«, heißt es von Bucht für Alle.

Die Angriffspunkte des erfahrenen Verwaltungsjuristen Karsten Sommer konzentrierten sich auf das umstrittene Aquarium. Es liege ein sogenannter Etikettenschwindel vor, weil »der Bebauungsplan eine öffentliche Parkfläche festsetzt, während das Land Berlin zuvor einen Vertrag mit dem Investor geschlossen hatte, in dem ihm eine Überbauung eines großen Teils der als öffentliche Parkanlage ausgewiesenen Fläche« zugestanden wird, heißt es in dem »nd« vorliegenden Eilantrag.

Der zweite Angriffspunkt in der Klage betraf eine Klimaverträglichkeitsprüfung. Diese sei vorgeschrieben, habe aber »kaum stattgefunden«, sagte Anwalt Sommer im Januar 2021 zu »nd«. Und weiter: »Es ist die letzte Freifläche an der Bucht, die eine Kaltluftschneise in Richtung der klimatisch hochproblematischen dichten Bebauung in Friedrichshain darstellt.«

Das nun vorliegende Urteil enttäusche, lässt Karsten Sommer nun wissen. Das Oberverwaltungsgericht gehe »auf die der Planfestsetzung entgegenstehende vertragliche Bindung gar nicht näher ein, belässt es bei der Feststellung, der Plangeber habe eine öffentliche Parkanlage festgesetzt«, kritisiert der Jurist. Der Klimaschutz gerate in der Entscheidung zu einem »Abwägungsgesichtspunkt mit höchster Beliebigkeit, bei dem es ausreichen soll, wenn er denn irgendwie gesehen und in die Abwägung eingeführt wird«.

»Auch wenn es schwer fällt den Kampf gegen die Profitinteressen Einzelner an der Rummelsburger Bucht zu verlieren, hoffen wir inständig, dass ihr alle weiterhin engagiert bleibt für den Erhalt der Natur, und gegen die Verdrängung von Kunst, Kultur und Freiräumen durch die Investor*innen in dieser Stadt«, erklärt die Initiative Bucht für Alle. Jahrelang gab es massiven und breiten Widerstand gegen die Bauvorhaben an der Bucht.

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