Klimaneutral durch die Stadt

Mit einem neuen E-Lastenrad liefert eine Wäscherei emissionsfrei

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 4 Min.

In der Tiefgarage unter dem Einkaufszentrum »Mall of Berlin« am Leipziger Platz parkt der ganze Stolz der Firma Mewa - wenn er nicht gerade unterwegs zu den Kund*innen ist. Seit Sommer 2021 liefert das Serviceunternehmen für Berufstextilien in Mitte zum Großteil klimaschonend mit einem elektrisch betriebenen Lastenfahrrad. Das große weiße dreirädrige Gefährt erinnert nicht nur mehr an einen Transporter als an ein Fahrrad. »Es hat auch alle Vorteile eines Lkws«, sagt Kay Simon, Leiter des Mobilitätsmanagements von Mewa, zu »nd«.

Tim Dierselhuis, der die Touren zur Kundschaft organisiert, zeigt, was das Lastenrad der Firma Onomotion alles kann: vorwärts und rückwärts fahren zum Beispiel. Die zwei Akkus reichen für 60 Kilometer Strecke, der 200 Kilogramm Wäsche fassende Container lässt sich vom Rad lösen und bequem in den nächsten Aufzug rollen. Die Person, die fährt, ist in dem geschlossenen Führerhäuschen vor Wind und Wetter geschützt. »Auf das Dach sind andere Radfahrer oft neidisch«, sagt Dierselhuis.

Ein Führerschein wird nicht benötigt, das Lastenrad gilt als Pedelec, darf legal über alle Radwege fahren und vor jedem Geschäft, das beliefert wird, parken. Damit toppt das E-Bike jedes Kraftfahrzeug, bei dem zeitfressende Staus und Parkplatzsuchen im Hauptstadtverkehr die Regel sind.

»Wir haben das Lastenfahrrad gegen einen Sprinter antreten lassen, und es ist deutlich schneller durch den Verkehr gekommen«, sagt Kay Simon von Mewa. Die Firma mit Hauptsitz in Berlin produziert und vermietet europaweit an 45 Standorten Industrieputztücher im Mehrwegsystem für Autowerkstätten oder Druckereien und reinigt Berufsbekleidung für verschiedene Unternehmen. Das heißt, die Textilien werden bei den Kund*innen abgeholt, gewaschen, repariert und zurückgeliefert. Eine Großwäscherei im brandenburgischen Groß Kienitz, etwa 40 Kilometer südlich von Berlin, erledigt das für die regionale Kundschaft.

Die durch die weiten Fahrtwege anfallenden CO2-Emissionen will Mewa nun sukzessive reduzieren. Noch tankt ein Großteil der genutzten Fahrzeuge Diesel, aber »unser Ziel ist eine komplett CO2-neutrale Versorgung durch elektrische oder Wasserstoff-Lkw«, erklärt Mobilitätsmanager Simon. In den Innenstädten sollen Verbrenner durch die Lastenräder und im Fall von Kund*innen, die weiter entfernt sind oder größere Lieferungen erhalten, durch elektrische Mini-Vans ersetzt werden. »Uns ist wichtig, dass das, was wir machen, nachhaltig ist«, sagt Simon. Das bedeutet, dass die E-Fahrzeuge Ökostrom tanken.

Das Berliner Lastenrad ist das erste, mit dem Mewa im vergangenen Jahr ein Pilotprojekt in Mitte gestartet hat. Ergänzt wird das Konzept durch ein sogenanntes Urban Hub, dass sich in der Tiefgarage unter der »Mall of Berlin« befindet. Damit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die Lkw-Fahrten zwischen Groß Kienitz und Berlin können morgens und abends vor und nach dem Berufsverkehr erledigt und die Wäsche zwischengelagert werden. Die innerstädtische Auslieferung erfolgt dann emissionsfrei. Das E-Bike und der Mini-Van werden in dem City Hub geparkt und aufgeladen. »Das ist ökologischer und effizienter«, sagt Simon. Mittlerweile übernimmt das Cargobike täglich ein bis zwei komplette Sprinter-Touren.

In den kommenden Monaten soll das Tourengebiet erweitert werden. Als nächstes bekommt auch die Mewa-Filiale in Hamburg ein Lastenfahrrad, andere Städte sollen folgen. »Die Herausforderungen von Berlin haben wir in allen Großstädten«, sagt Simon. Zu denen zählt nicht nur der Verkehr, sondern auch, dass immer mehr Innenstädte - in Paris zum Beispiel - als Umweltzonen ausgewiesen werden, in denen Kraftfahrzeuge ohne Umweltplakette gar nicht mehr fahren dürfen. In Berlin wurde das Projekt begonnen, weil hier das Partnerunternehmen Onomotion seinen Sitz hat, das die Cargobikes entwickelt, produziert und least. Es kooperiert unter anderem auch mit einem Paketdienst und einem Elektroroller-Anbieter.

Onomotion hat die Lastenfahrräder speziell für den urbanen Warenverkehr entwickelt. »Lieferketten, in denen das Lastenrad die ›letzte Meile‹ übernimmt, entlasten den innerstädtischen Verkehr erheblich, denn das Cargobike nimmt weniger Raum in Anspruch, ist leiser, und - das ist das Wichtigste - es wird im Vergleich zum einstufigen Lkw-Konzept bis zu 60 Prozent weniger CO2 produziert«, erklärt Beres Seelbach, Co-Gründer und -Geschäftsführer von Onomotion. Außerdem stellt der Mobilitätsdienstleister auch die Fahrer*innen.

Einer von ihnen, der gerade seine erste Tour für Mewa hinter sich hat, ist Patrick Klütsch. »Man muss sich erst mal an die Dimension des Rads gewöhnen. Es beschleunigt ganz schön krass, aber hat einen super kleinen Wendekreis«, berichtet er »nd«. Im Vergleich mit einem normalen Fahrrad ist das große Gefährt viel auffälliger. Das äußere sich auch im größeren Respekt der übrigen Verkehrsteilnehmer*innen. Verglichen mit einem Auto sei es deutlich komfortabler, da er zum Beispiel einfach zwischen Straßenpollern durchfahren könne. »Und man erntet viele neugierige und anerkennende Blicke«, sagt Klütsch.

Mit dem E-Bike will Mewa nun Richtung Zukunft fahren. »Nicht aus Imagegründen«, wie Mobilitätsmanager Kay Simon betont, sondern »weil wir uns unserer Verantwortung stellen wollen«.

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