Die neue Freiwilligkeit für Berlins Schüler

Abschaffung der Maskenpflicht an den Schulen sorgt bei vielen Eltern für ein mulmiges Gefühl

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

»Die hierfür Verantwortlichen haben in zwei Jahren Pandemie wirklich nichts gelernt«, sagt Claudia Engelmann zum angekündigten Ende der Maskenpflicht an den Schulen. Die Linke-Politikerin im Berliner Abgeordnetenhaus nennt es »absolut unverständlich und fahrlässig«, dass »ausgerechnet in vollgestopften Klassenzimmern« eine verhältnismäßig sichere Schutzmaßnahme gegen das Coronavirus wie der Mund-Nasen-Schutz jetzt einfach über Bord geworfen werden soll. »Wir bleiben dabei: Das geht gar nicht«, sagt Engelmann für die Linksfraktion zu »nd«.

Allein: Genau so dürfte es zum 1. April kommen. Wie Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Dienstag im Anschluss an die Senatssitzung erklärt hat, gelten dann auch in der Hauptstadt nur noch sogenannte Basis-Schutzmaßnahmen. Die Maskenpflicht an den Schulen zählt, so Giffey, »nach jetzigem Stand der Verhandlungen auf Bundesebene« nicht dazu. Tatsächlich handelt es sich hierbei um eine bundesgesetzliche Regelung. Und ob die diesbezügliche Bestimmung im Infektionsschutzgesetz noch einmal angepasst wird, wird man spätestens am Freitag nach der Entscheidung des Bundes wissen.

Claudia Engelmann ist wenig optimistisch, »dass da in letzter Minute noch eine Sonderregelung für die Schulen reinkommt«. Das sei »die traurige Wahrheit«, sagt die Linke-Politikerin, die sich auch im Bezirkselternausschuss Lichtenberg engagiert. »Ich glaube, wir werden damit leben müssen.«

Die Meinungen in der Elternschaft, ob die Maskenpflicht in den Klassenzimmern beibehalten werden sollte oder nicht, gehen dabei – wie so häufig – weit auseinander. Während der eine Teil mit Schrecken dem Ende des Infektionsschutzes entgegensieht, erklärt der andere, der Schritt sei längst überfällig. »Wir haben da nach wie vor eine starke Polarisierung«, sagt Landeselternsprecher Norman Heise zu »nd«. Der Landeselternausschuss habe sich in dieser Frage »klar« für den Mund-Nasen-Schutz ausgesprochen. »Wir wünschen uns alle, dass Corona mal vorbei ist. Aber momentan sehen wir das nicht.«

Dies umso weniger, als nach einer kurzen Phase der Entspannung auch in Berlin die Corona-Zahlen schon wieder steil nach oben gehen. So stieg die Sieben-Tage-Inzidenz am Mittwoch auf rund 1100, ein enormer Sprung zum Vortag, als der Wert noch bei 872 lag. Tendenz steigend. Und das sind nur die offiziell gemeldeten Zahlen.

Gleichwohl genügt – nach derzeitigem Stand – selbst diese Entwicklung nicht, um in Berlin die nach dem neuen Infektionsschutzgesetz des Bundes vorgesehene Ausnahmekarte etwa für Schulen zu ziehen. Denn diese »Hotspot-Regelung« zielt nicht auf die Infektionszahlen, sondern auf die Überlastung der kritischen Infrastruktur. Das wiederum sei, so Franziska Giffey am Dienstag, »momentan« in Berlin nicht der Fall. Berlin seien also die Hände gebunden.

Der Regierenden blieb dann mit Blick auf die Masken an den Schulen auch nur der Hinweis darauf, dass das ja noch »auf freiwilliger Basis« gehe. »Natürlich kann jeder Lehrer, jeder Schüler, jede Schülerin, die das möchten, eine Maske tragen.« Das Prinzip Eigenverantwortung gilt damit auch an den Schulen.

Nett gemeint, findet Susanne Kühne, die sich in mehreren bildungspolitischen Initiativen engagiert. Aber, so die Pankower Mutter eines Grundschülers zu »nd«: »Das mit der Freiwilligkeit hatten wir doch schon im Herbst, als kurz mal die Maskenpflicht an den Grundschulen kassiert wurde. Nach zwei, drei Tagen Unterricht hatte auch mein Sohn die Maske runter. Eine Schulklasse ist schließlich eine Gruppe mit ganz eigener Dynamik.« Und in der Gruppe ist es mit der Freiwilligkeit eben mitunter so eine Sache.

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