- Kommentare
- Infektionsschutzgesetz
Schutz fällt weg
Kirsten Achtelik über die weitgehende Abschaffung der Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus
Gebetsmühlenartig haben es die Abgeordneten während der Debatte zum Infektionsschutzgesetz wiederholt: Die pandemische Lage hat sich durch Omikron verändert. Das ist richtig: Die Inzidenzen sind auf einem Allzeithoch, der Anteil der noch ansteckenderen Virusvariante Omikron BA.2 steigt kontinuierlich. Zwar sind Ansteckungen – auch dank des Impfschutzes – nicht mehr so gefährlich; wer aber warum Long Covid bekommt und wie dafür die Heilungschancen sind, ist noch weitgehend unbekannt.
In so einer Situation die allgemeine Maskenpflicht abzuschaffen und die Entscheidung über Hotspots mit schärferen Regelungen den Landesparlamenten zu überlassen, ist schlicht verantwortungslos. Die Ministerpräsident*innen der Länder haben das Gesetz mit seinen fehlenden Definitionen in der Bund-Länder-Konferenz am Donnerstag scharf kritisiert.
Homeoffice-Regelungen werden der Entscheidungsgewalt der Arbeitgeber*innen überlassen. Die Maskenplicht auf Flügen und in Zügen bleibt erhalten, in Supermärkten wird sie dagegen abgeschafft – als ob beispielsweise unfreiwillig Ungeimpfte eher reisen als einkaufen müssten.
Sicher, wir werden lernen müssen, mit dem Coronavirus zu leben. Aber müssen wir auch lernen, mit chronischen Krankheiten durch Long Covid zu leben? Strengere Maßnahmen können laut Infektionsschutzgesetz beschlossen werden, wenn eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten droht. Die Beschäftigten in den Krankenhäusern sind seit zwei Jahren überlastet. Sie halten durch, damit das System nicht zusammenbricht. Mit dem neuen Gesetz können sie mehr zum Schutz der Kranken beitragen, wenn sie zeigen, wie überlastet sie sind.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.