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  • Präsidentschaftswahl in Frankreich

Mélenchon hofft auf die Stichwahl

Französischer Präsidentschaftskandidat holt auf und fordert von allen Linken, ihm seine Stimme zu geben

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 4 Min.

Der französische Präsidentschaftskandidat Jean-Luc Mélenchon hat am Sonntag in Paris alle links eingestellten Franzosen und vor allem die Mitglieder und Anhänger der verschiedenen linken Parteien, Bewegungen und Organisationen aufgerufen, »nützlich« zu stimmen und ihm ihre Stimme zu geben. Der Gründer der Bewegung La France insoumise führte zunächst einen »Marsch für die 6. Republik« durch die Straßen von Paris an, der in einem Meeting auf dem Platz der Republik gipfelte. Vor den nach Angaben der Veranstalter mehr als 100 000 Teilnehmern hat Mélenchon in seiner Rede zunächst den Widerstand des ukrainischen Volkes und vieler Russen gegen die Invasion von Präsident Wladimir Putin gewürdigt. Damit wollte er offensichtlich den politischen Gegnern Wind aus den Segeln nehmen, die seine Chancen im Wahlkampf dadurch zu verringern versuchen, dass sie an seine noch bis Mitte Februar ständig wiederholten Mahnungen erinnern, Putin nicht international auszugrenzen und die Sicherheitsbedürfnisse Russlands zu respektieren. Mélenchon selbst sieht in diesen früheren Aussagen und seiner heutigen Verurteilung des Überfalls keinen Widerspruch.

Zu der in drei Wochen anstehenden Abstimmung sagte Mélenchon, der zum dritten und letzten Mal als Präsidentschaftskandidat antritt, diesmal stehe Frankreichs Linke in seiner Person »fast schon auf der Türschwelle zum Elysée«. Jüngste Umfragen sehen ihn mit 13,5 Prozent vor dem Ultrarechten Eric Zemmour (13 Prozent) und hinter Amtsinhaber Emmanuel Macron (29 Prozent) sowie der rechten Kandidatin Marine Le Pen (17,5 Prozent) auf dem dritten Platz. Mélenchons frühere Präsidentschaftswahlkämpfe haben mit der Zeit an Dynamik gewonnen. Deswegen ist er zuversichtlich, es im ersten Wahlgang am 10. April auf den zweiten Platz zu schaffen. Damit würde er bei der Stichwahl am 24. April gegen Macron antreten.

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»Indem Sie beim ersten Wahlgang für mich stimmen, stellen Sie die Weichen für den Weg zu einer neuen Gesellschaft«, sagte Mélenchon. Die Entscheidung sollte leicht fallen. »Alle rechten und rechtsextremen Kandidaten sind dafür, das Rentenalter zu erhöhen, während wir die Rente ab 60 verteidigen«, unterstrich der Redner. Er erinnerte auch an seine Vorschläge, per Regierungsdekret die Kaufkraft der Löhne zu schützen, indem die Preise blockiert werden und der Mindestlohn auf 1400 Euro erhöht wird. Ferner verteidigte Mélenchon die Schulen und das Gesundheitswesen gegen die Rotstiftpolitik der Regierung und gegen eine Öffnung für Konkurrenz und Privatisierung.

Die wichtigste Herausforderung der bevorstehenden Wahl sei die Verteidigung und Erneuerung der Demokratie und der Rechte der Bürger. Mélenchon schlug einmal mehr die Einberufung einer Gesetzgebenden Versammlung vor, um die gegenwärtige 5. Republik mit ihrer Allmacht des Präsidenten durch eine 6. Republik abzulösen, die sich durch vielfältige Möglichkeiten direkter Demokratie auszeichnen soll. Dazu gehört nicht zuletzt, dass die Volksvertreter ihren Wählern gegenüber rechenschaftspflichtig sind und abgelöst werden können, wenn die mit ihnen nicht mehr zufrieden sind.

Bislang ist Mélenchons Aufruf, »nützlich« zu wählen, im linken Lager weitgehend ungehört verhallt. Nur die ehemalige Ministerin und Präsidentschaftskandidatin der Parti socialiste von 2007, Ségolène Royal, hat ihn aufgegriffen und ihre Anhänger aufgefordert, für Mélenchon zu stimmen. Dagegen hat Ian Brossat, der Sprecher des kommunistischen Präsidentschaftskandidaten Fabien Roussel, den Aufruf als »weder logisch noch sinnvoll« zurückgewiesen und erklärt: »Bei jeder nur denkbaren Konstellation und in der Konfrontation mit Le Pen würde Mélenchon in jedem Fall haushoch unterliegen. Was können die Linken also gewinnen, wenn sie alle auf ihn setzen und sich dann im zweiten Wahlgang doch mit der rechtsextremen Herausforderin von Macron wiederfinden? Was soll daran nützlich sein?«

Dagegen kann sich Fabien Roussel darüber freuen, dass Marie-George Buffet, die vor Jahren ebenfalls Parteivorsitzende und Präsidentschaftskandidatin der Kommunisten war, und die noch vor Monaten für ein Zusammengehen mit Mélenchon plädiert hatte, sich jetzt ganz offiziell hinter den kommunistischen Kandidaten gestellt hat.

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Sollte Mélenchon gehofft haben, dass Roussel sich ihm kurz vor der Wahl anschließen würde, so hat er sich getäuscht. Die drei Prozent, die in jüngsten Umfragen auf Roussel entfallen, werden ihm auch weiterhin fehlen. Unter diesen Umständen sehen Beobachter einen Zusammenhang mit den Anschlägen in der vergangenen Woche auf vier Wahlkampfbüros von Roussel, davon zwei in Paris. Dabei wurden Fensterscheiben eingeschlagen und die Fassaden mit Farbe und dem Wort »Verräter« beschmiert. »Ich setze mich für die Verteidigung der Kaufkraft der Löhne, für eine gerechte Verteilung der Reichtümer, für einen Energiemix mit Kernkraft und für ein glücklicheres Leben aller Menschen ein. Gewissermaßen bin ich ein Störenfried in diesem Präsidentschaftswahlkampf, und das scheint einigen Linken nicht zu gefallen«, sagte Roussel.

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