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  • Politische Teilhabe von Frauen in Berlin

Frauen nur in den Bezirken stärker

In der Kommunal- und Landespolitik sind Kandidatinnen benachteiligt. Studie bringt Argumente für ein Landesparitätsgesetz

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 3 Min.

Auch der Ukraine-Krieg zeige sie wieder, sagt Helga Lukoschat: Politik in einem verengten, überkommenen patriarchalen Stil.

»Es braucht mehr Frauen und die Vielfalt von Frauen, um mehr Demokratie zu erreichen«, erklärt Lukoschat, Vorstandsvorsitzende der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft. Gemeinsam mit Lisa Hempe hat die Expertin für Parität, wie die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern genannt wird, eine am Montag veröffentlichte Studie erstellt. Diese Studie untersuchte die politische Partizipation von Frauen in Berlin. Von der Friedrich-Ebert-Stiftung bereits 2019 in Auftrag gegeben, wurde die Erhebung nun noch einmal als konkrete Handlungsempfehlung aktualisiert. Denn: Berlin soll ein Paritätsgesetz bekommen. So steht es im Koalitionsvertrag der rot-grün-roten Landesregierung. Diskutiert wurde ein solches Gesetz bereits in der letzten Legislatur, unter anderem hatten die Grünen und die Linksfraktion bereits Entwürfe vorgelegt - allerdings ohne Ergebnis.

Ergebnisse der Studie »Frauen Macht Berlin!«

Die Frauenanteile in den Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus verteilen sich wie folgt: Bei Die Linke sind es 54,2 Prozent, bei Bündnis 90/Die Grünen 53,1 Prozent, Die SPD hat bei 38,9 Prozent keine Parität, bei der FDP stagniert der Frauenanteil bei 16,7 Prozent. Die CDU verbessert sich leicht auf 13,3 Prozent, liegt aber hinter der AfD (15,4 Prozent).

Wahlkreise: Bündnis 90/Die Grünen hatten in den Wahlkreisen mehr Frauen als Männer aufgestellt (53 Prozent). Es wurden zwölf Frauen und zwölf Männer direkt gewählt (50 Prozent). Die SPD hat zwar mit 33 Kandidatinnen (41 Prozent) mehr Frauen in den Wahlkreisen aufgestellt, es wurden jedoch nur sieben (28 Prozent) direkt gewählt. Bei der CDU wurden 25 Frauen (32 Prozent) aufgestellt und nur drei (14 Prozent) gewählt.

Bezirks- und Landeslisten: Die CDU stellte zwar 50 Frauen (41 Prozent) auf, gewählt wurde aber nur eine von ihnen. Bei der FDP wurden 22 Frauen (29 Prozent) aufgestellt, jedoch nur zwei gewählt. Bei der SPD wurden überproportional mehr Frauen gewählt. Der Frauenanteil auf den Listen von Linke, Grünen und AfD war mit 46 Prozent verhältnismäßig hoch, wurde jedoch durch die AfD deutlich gedrückt (6 Kandidatinnen).

Bezirksverordnetenversammlungen: Frauenanteil gegenüber der vorherigen Legislaturperiode um 3,5 Prozentpunkte auf 42,9 Prozent gestiegen (283 Frauen und 377 Männer). clk

Dass so ein Gesetzesvorhaben freilich keine Frage des politischen Willens allein ist, hat zuletzt das Beispiel Brandenburg gezeigt. Das Land hatte 2019 als erstes Bundesland ein Paritätsgesetz verabschiedet. Dieses wurde allerdings vom Brandenburger Verfassungsgericht anderthalb Jahre später wieder gekippt. Das Gesetz hatte verlangt, dass auf Wahllisten immer abwechselnd Männer und Frauen kandidieren. Das Gericht sah darin jedoch eine Verletzung von Parteirechten und Wahlgrundsätzen. Möglich wäre ein derartiges Gesetz nur nach einer Verfassungsänderung, hieß es in der Begründung. Ähnlich erging es dem Paritätsgesetz in Thüringen.

Ein verfassungskonformes Paritätsgesetz hat Berlin sich als Ziel gesetzt. Dass es dessen dringend bedarf, daran besteht nicht nur für Helga Lukoschat und Nora Langenbacher vom Landesbüro der Friedrich-Ebert-Stiftung kein Zweifel. Der Anteil von Frauen im Berliner Abgeordnetenhaus hat sich mit 35,4 Prozent in der aktuellen Legislatur nur minimal verbessert im Vergleich zur vorherigen. Da lag der Anteil bei 33,1 Prozent. »Im Schneckentempo« gehe es voran, konstatiert die Studie: Zwar liege Berlin im Ranking der Bundesländer auf Platz vier, aber eine kontinuierliche Aufwärtsbewegung sei nicht zu erkennen.

Dabei gibt es erhebliche, weiter wachsende Unterschiede zwischen den Parteien. Während die Quotenreglungen der Koalitionsparteien die Beteiligungsrate deutlich nach oben drücken, liegt die CDU auf dem letzten Platz sogar noch hinter der rechten AfD. Aber auch die SPD muss sich hinter der von ihr gestellten Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey verstecken, die, wie sie am Montag in einem Grußwort deutlich werden lässt, große Anhängerin des Gesetzesvorhabens ist.

»Obgleich die politische Spitze der Stadt weiblich ist«, könne von einer gleichberechtigten politischen Teilhabe von Frauen und Männern im Land Berlin leider nicht die Rede sein, sagt Nora Langenbacher. In den Wahlkreisen werden Frauen weniger häufig und auf weniger aussichtsreichen Positionen nominiert: 299 männlichen Kandidaten stehen so 168 Frauen gegenüber. Das entspricht einem Anteil von 36 Prozent. Auf den Bezirks- und Landeslisten sieht es nur wenig besser aus. Auf den Bezirkslisten, wie sie von SPD, CDU und FDP genutzt werden, liegt der Anteil der Kandidatinnen zwar bei 41 Prozent, gewählt werden aber nur wenige, wenn auch bei der SPD überproportional mehr als bei CDU und FDP.

Eine bessere Ausgangslage zeige sich mittlerweile in den Bezirksverordnetenversammlungen, lautet eine Feststellung der Studie: Hier liegt der Frauenanteil jetzt bei 42,9 Prozent. Da die Kommunalpolitik oftmals das Sprungbrett in die Landespolitik darstellt, stehe den Parteien also ein ausreichend großer Pool an Kandidatinnen zur Verfügung. Allerdings werden aktuell von den zwölf Bezirken lediglich vier von Bürgermeisterinnen geführt. 2016 waren es noch fünf.

Helga Lukoschat fordert: »Die Parteien als privilegierte Akteure der politischen Willensbildung sind stärker denn je gefordert, die Diskussion um Parität weiter voranzutreiben und die in der Studie empfohlenen praktischen Maßnahmen endlich umzusetzen.«

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