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Erste Gewerkschaft bei Amazon in den USA

Amazon Labor Union gewann Abstimmung über Neugründung in Warenlager in New York

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 3 Min.
»Worte können das, was ich gerade fühle, nicht ausdrücken«, erklärte Chris Smalls, nachdem die Ortsstelle des National Labor Relations Board (NLRB) am Freitag in New York City das Ergebnis der Abstimmung über die Gründung einer Gewerkschaftsvertretung im Amazon-Warenlager in Staten Island verkündet hatte: 2654 Ja- zu 2131 Nein-Stimmen. In Zukunft wird die Amazon Labor Union (ALU) die erste anerkannte Gewerkschaft an einem Standort des Versandhandelskonzerns in den USA sein.

Smalls und andere ALU-Mitglieder öffneten vor dem Gerichtsgebäude eine Champagnerflasche und hüpften Arm in Arm jubelnd auf und ab, als die Nachricht bekannt wurde. Smalls hatte 2021 Arbeiterproteste gegen laxe Covid-Sicherheitsbestimmungen im Warenlager JFK8 in New York mit rund 8000 Beschäftigten organisiert und war anschließend von Amazon wegen vermeintlicher Verstöße entlassen worden. Am Wochenende kamen dann Glückwünsche aus der Gewerkschaftsbewegung, die sich bisher vergeblich bemüht hatte, beim zweitgrößten Arbeitgeber in den USA einen Fuß auf den Boden zu bekommen. In den letzten Jahrzehnten hatten Gewerkschaften in den USA es kaum noch versucht, neue Vertretungen bei großen Unternehmen durchzusetzen.

»Während Jeff Bezos ins All geflogen ist, haben wir hier eine Gewerkschaft organisiert«, jubelte Chris Smalls, der die ALU erst vor einem Jahr gegründet und die Arbeit der Organisation mittels Crowdfunding finanziert hatte. »Diese Geschichte ist die größte David-gegen-Goliath-Geschichte, die ich in über 25 Jahren gesehen habe«, schrieb der frühere »New York Times«-Gewerkschaftsreporter Stephen Greenhouse auf Twitter.

Auch in der Stadt Bessemer im Bundesstaat Alabama wurde in den vergangenen Tagen über die Bildung einer Gewerkschaft in einem Amazon-Warenlager abgestimmt – erneut. Schon im vergangenen März hatte es eine ähnliche Abstimmung gegeben. Die Einzelhandelsgewerkschaft RWDSU, die zuvor monatelang bei Beschäftigten um Zustimmung geworben hatte, verlor damals die Wahl mit 738 zu 1798 Stimmen. Anschließend urteilte das Labor Board, Amazon habe die Wahl durch Einschüchterung seiner Angestellten beeinflusst, und ordnete im November 2021 eine Wiederholung der Wahl an. Laut vorläufigen Ergebnissen stimmten dieses Mal 875 für eine gewerkschaftliche Vertretung durch die RWDSU und 993 dagegen – ein deutlich besseres Ergebnis für die Gewerkschaft, wenn auch kein Sieg, zumindest noch nicht. Denn rund 400 weitere Stimmen, deren Gültigkeit etwa aufgrund von Formfehlern von den Anwälten einer Seite beanstandet werden, könnten das Ergebnis vor Gericht noch ändern.

ALU-Präsident Smalls forderte Amazon am Wochenende auf, schon im Mai mit Tarifvertragsverhandlungen zu beginnen. Organizerin Justine Medina erklärte im »nd«-Interview, welche weiteren Pläne die Gewerkschaft für die nächsten Wochen hat.

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