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Sorbische Farben und russische Flagge
Der Krieg in der Ukraine sorgt für antislawische Stimmung und eine fatale Verwechslung
Anfeindungen gegen Sorben im Süden Brandenburgs waren bisher die Ausnahme, zuletzt wurden aber gezielt zweisprachige Straßenschilder in Cottbus überklebt. Wie würden Sie die derzeitige Situation der slawischen Minderheit im Bundesland bewerten?
Braumann: Brandenburg ist mit der Novellierung des Sorben/Wenden-Gesetzes, der Erweiterung unseres anerkannten Siedlungsgebietes und der Finanzierung hauptamtlicher Sorben/ Wenden-Beauftragter der Kreise durch das Land politisch ein gutes Stück vorangekommen. Auch die behördliche Festlegung, dass der niedersorbische Ortsname kein Zusatz, sondern Bestandteil des amtlichen Namens ist - zum Beispiel Cottbus/Chóśebuz -, hat Zeichen gesetzt. Der Landkreis Dahme-Spreewald/Dubja-Błota, der vor anderthalb Jahren als erste kommunale Gebietskörperschaft dem sorbischen Dachverband Domowina als Fördermitglied beigetreten ist, verfügt sogar in seinem Verwaltungszentrum Königs Wusterhausen über ein deutsch-sorbisches Wegweisersystem.Seit Jahrhunderten leben Deutsche und Sorben gemeinsam in der Lausitz. Ist das Zusammenleben der beiden Bevölkerungsgruppen historisch schon immer derart kompliziert gewesen?
Kompliziert? In der Geschichte überwiegt die einfache Assimilierungs- und Germanisierungspolitik durch Staat und Kirche. Es leben noch Menschen, die als Kinder in der Schule geschlagen wurden, weil sie sorbisch gesprochen haben. Nach 1945 kam es zum Paradigmenwechsel, der allerdings nach den traumatisierenden Verfolgungsexzessen der Nazizeit nicht dem Sprachverlust in weiten Teilen der Lausitz entgegenwirken konnte. Das hatte auch mit Ausweitung der Braunkohletagebaue zu tun, die uns insgesamt rund 130 Orte gekostet haben.Es ist uns gelungen, im Strukturstärkungsgesetz des Bundes für die Kohlereviere das berechtigte Wiedergutmachungsinteresse des sorbischen Volkes zu verankern, das nun durch geförderte sorbische Großprojekte insbesondere der Sprachrevitalisierung verwirklicht werden soll. Wir wollen, dass im Jahr 2050 jeder junge Mensch in der Lausitz Sorbisch wenigstens versteht und im Jahr 2100 mindestens 100 000 Menschen im Alltag sorbisch sprechen.
Deutsche Rechtsextremisten versuchen einen Keil zwischen die beiden Bevölkerungsgruppen zu treiben. Kann aus Ihrer Sicht dieses Unterfangen langfristig gelingen?
Nein. Unser Hauptgegner ist nicht der Hass Weniger, sondern ökonomischer Extremismus, der nicht einsieht, wozu man abseits kommunikativer Notwendigkeit miteinander eine Sprache kultivieren möchte, um damit Gedanken und Gefühle authentischer und schöner auszudrücken. Junge Sorben haben sich daher Beistand von einem Vertreter der First Nations der USA geholt, der in einem Workshop gezeigt hat, wie er seine Muttersprache Arapaho erfolgreich revitalisiert hat, die nur noch von 50 Menschen gesprochen wurde.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat zu einer Zunahme von antislawischem Rassismus geführt. Gab es solche Ausbrüche des Hasses auch in Südbrandenburg?
Wir sehen demonstrative Beschädigungen an sorbischen Emblemen, wie durchgestrichenes Rot. Das war gerade Thema auf der Sitzung des Domowina-Regionalvorstandes Niederlausitz in Cottbus/Chóśebuz. Da wird offenbar die Reihenfolge der sorbischen und der russischen Flaggenfarben verwechselt.Die »Bild«-Zeitung schoss den Vogel ab mit der Story »Radek (10) floh aus dem Osten des Landes vor Putins Krieg: ›Wir müssen den Krieg gewinnen, damit er vorbeigeht.‹« Der ukrainische Junge hält ein selbst gemaltes Bild in die Kamera: Vor ukrainischer Fahne steht ein Mann, der eine Waffe auf einen Panzer richtet, der sich vor einer sorbischen Fahne befindet. Nun gibt es Wichtigeres als Nationalflaggen, der Junge muss so etwas wirklich nicht wissen. Aber eine solche reichweitenstarke Veröffentlichung beschert uns natürlich Risiken.
Das rechtlich geschützte Markenzeichen der Domowina, das von vielen Menschen mit unserer Zustimmung für ihre Projekte genutzt wird, ist das Lindenblatt mit den Farben Blau, Rot, Weiß. Wir haben keinen Millionen-PR-Etat für die Aufklärung, dass die russische Flagge weiß-blau-rot ist.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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