Große Ankündigungen, kleines Budget

Für einen möglichen Ausbau des Berliner U-Bahn-Netzes sind bisher erstaunlich wenig Mittel eingeplant

  • Patrick Volknant
  • Lesedauer: 4 Min.

Geht es um den Ausbau des Berliner U-Bahn-Netzes, hat die Berliner SPD-Fraktion ihre Hoffnung nicht aufgegeben. »Es ist nicht nur die U8, sondern auch die U7, deren Ausbau eine Entlastung für den Autoverkehr darstellen würde«, sagt ihr verkehrspolitischer Sprecher Stephan Machulik zu »nd«. In den kommenden Monaten gelte es nun zu prüfen, welche Optionen sich im Einzelnen realisieren ließen.

Tatsächlich ist im Berliner Koalitionsvertrag von möglichen Erweiterungen von U2, U3, U7 und U8 die Rede. Der Blick in den Entwurf des Doppelhaushalts für 2022 und 2023 aber verrät: Lediglich 3,1 Millionen Euro sind zusammen für beide Jahre für die Planung von Maßnahmen im Berliner U-Bahn-Netz vorgesehen. »Das ist natürlich nichts«, sagt Machulik, verweist aber darauf, dass über die Mittel erst noch in den einzelnen Fachausschüssen sowie im Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses entschieden werden müsste. Der SPD-Politiker verspricht: »Wir werden uns auf jeden Fall dafür einsetzen, dass der schienengebundene Verkehr ausgebaut wird.« Die Messe, so Machulik, sei noch lange nicht gesungen. »Das wird noch eine harte Nuss, aber man kann auch nicht immer alles gleichzeitig realisieren.«

Die Vorteile der U-Bahn im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln liegen für den SPD-Politiker auf der Hand. Eine unterirdische Linienführung sorge nicht nur für weniger Lärm, sondern sei, im Gegensatz zur S-Bahn, besser gegen Störungen, etwa durch eingefrorene Weichen gewappnet. »Ich halte die U-Bahn keineswegs für einen Verkehrsträger aus dem vergangenen Jahrtausend«, sagt Machulik.

Von den beiden Koalitionspartnern erhält die SPD für ihre U-Bahn-Visionen allerdings Gegenwind. Die Grünen bemängelten beispielsweise immer wieder die hohe Umweltbelastung, die mit dem Bau von U-Bahn-Schächten einhergeht. Die Produktion von Beton und Stahl sorgen für hohe Ausstöße des Treibhausgases Kohlendioxid.

Machulik hält dagegen: »Wenn man die U-Bahnen unter Häusern hindurchbaut, muss man natürlich tierisch in die Tiefe gehen.« Der SPD-Politiker nennt stattdessen die dänische Hauptstadt Kopenhagen als Vorbild, in der U-Bahn-Tunnel vor allem unter breiten Straßen verlegt würden. »Dabei wird deutlich weniger CO2 verbraucht, weil nicht so tief gegraben werden muss«, behauptet er. Zudem könnten freie Flächen oberhalb von U-Bahn-Linien besser für Grünflächen, Spielplätze und Wohnungsbau genutzt werden. Für die Realisierung der Projekte hofft der SPD-Politiker auf Fördermittel vom Bund.

Für Kristian Ronneburg, verkehrspolitischer Sprecher der Linke-Fraktion, steht der Ausbau von U-Bahn-Strecken hingegen nicht im Mittelpunkt. »Vorrang muss weiterhin die Straßenbahnplanung haben, das ist Konsens zwischen den Regierungsparteien«, sagt er zu »nd«. Nachteile der U-Bahn gegenüber der Straßenbahn seien etwa längere Zugangswege zu den Stationen, aufwendige Bauverfahren wegen schwieriger Bodenverhältnisse sowie etwa zehnmal so hohe Baukosten. »Der Mitteleinsatz muss auch mit den absehbar verfügbaren personellen Mitteln korrespondieren«, merkt Ronneburg zudem mit Blick auf den Haushalt an.

»Neue Planungen von U-Bahnen sollen vorrangig für Strecken mit Netzwirkung für das gesamte Schnellbahnnetz entstehen sowie dort, wo ein überdurchschnittlicher Zuwachs an Fahrgästen zu erwarten ist«, zitiert Ronneburg den Koalitionsvertrag. Für ein sinnvolles Projekt halte er beispielsweise die Verlängerung der U3 bis zum Mexikoplatz.

Einen Rückschlag erlitten jüngst die Pläne zum Ausbau der U8 bis ins Märkische Viertel, wo fast 50 000 Menschen leben. Bei einer vom Senat eingeleiteten mehrjährigen Prüfung von vier möglichen Verlängerungen im U-Bahn-Netz landete die U8 lediglich auf dem dritten Platz. Neben ihr prüften die mit der Studie beauftragten Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zwei Erweiterungen der U7 in Richtung Heerstraße und zum Flughafen BER sowie einen Abzweig der U6 zum geplanten Industrieparks Urban Tech Republic auf dem ehemaligen Flughafen Tegel.

Laut der Senatsverwaltung für Mobilität hätten sich die zwei Verlängerungsoptionen der U7 als lohnenswerter herausgestellt. »Insbesondere wegen des geringeren Fahrgastpotenzials und der fehlenden Netzwirkung«, wie es von der Verwaltung heißt, scheint eine Verlängerung der U8, die seit über 50 Jahren im Gespräch ist, damit noch bei Weitem nicht greifbar. Statt der Verlängerung der U6, die den letzten Platz in der Machbarkeitsstudie belegte, wird - wie bereits vor deren Ausarbeitung - laut der Mobilitätsverwaltung eine Erschließung mit der Straßenbahn untersucht.

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