Unerwünschte Ladehemmung

In Sachen Elektromobilität bleibt die Hauptstadt hinter den eigenen Ansprüchen zurück

  • Patrick Volknant
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es muss eine Grundsatzentscheidung getroffen werden«, sagt Stephan Machulik, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus zu »nd«. Einerseits würden in der Koalition mehr temporäre Spielstraßen und erweiterte Busspuren statt Parkplätzen gefordert. Andererseits solle die Elektromobilität aber nach wie vor vorangetrieben werden. »Ich habe manchmal das Gefühl, die Quadratur des Kreises ist zum Programm geworden.«

Laut einer am Donnerstag von der staatlichen Förderbank KfW veröffentlichten Studie machen Elektroautos einen Anteil von 2,8 Prozent aller fahrbaren Untersätze in Berlin aus. Damit liegt das Land oberhalb des Bundesdurchschnitts von 2,4 Prozent, bleibt in Sachen Elektromobilität aber trotzdem hinter den eigenen Ansprüchen zurück.

Grund dafür sind die nach wie vor mangelnden Lademöglichkeiten. Den Mangel an öffentlichen Ladeplätzen nannten 63,7 Prozent der Berliner Haushalte als Hindernis für den Kauf eines Elektroautos. Festgeschriebenes Ziel im rot-grün-roten Koalitionsvertrag ist es, mindestens einen Ladepunkt pro zehn Elektroautos zur Verfügung zu stellen. Der Senat orientiert sich hierbei an dem von der Europäischen Union vorgegebenen Richtwert. Derzeit sind es laut der KfW-Studie allerdings noch 19,1 Fahrzeuge, die sich in Berlin einen Ladepunkt teilen. Geht es um Ladeoptionen am eigenen Heim, liegt die Hauptstadt zudem deutlich unterhalb des Bundesschnitts. Während deutschlandweit 31,7 Prozent der Haushalte über einen solchen Ladeplatz verfügen, sind es hier lediglich 10,9 Prozent.

»Die Ladeinfrastruktur muss ausgebaut werden, keine Frage«, räumt Stephan Machulik ein. Dass in absehbarer Zeit 1000 Ladepunkte überwiegend an Laternen in Marzahn-Hellersdorf und Steglitz-Zehlendorf entstehen sollen, reiche nicht aus. Größeren Bedarf sieht der SPD-Politiker eher in anderen Bezirken, wie beispielsweise Spandau.

Hindernisse für den Ausbau der Elektromobilität sieht Machulik allerdings auch abseits der unzureichenden Lademöglichkeiten: »Viele Leute schrecken vor den noch immer zu hohen Preisen für Elektroautos zurück.« Überdies sorge die nach wie vor geringe Reichweite der Fahrzeuge für Zögern. »Ich habe Freunde, die mit dem Elektroauto aus der Schweiz nach Berlin fahren wollten und dafür eine Übernachtung planen mussten«, sagt Machulik. Für den ersehnten Durchbruch der Elektromobilität fehle noch »der richtige Kick«.

Oliver Friederici, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in der Hauptstadt, sieht, vorsichtig formuliert, Verbesserungspotenzial: »Bei diesem Schneckentempo ist die E-Mobility zum Scheitern verurteilt.« Seine Partei fordere deshalb ein Sofortprogramm, mit dem der Senat sein Versprechen im Koalitionsvertrag einlösen könne. Nicht nur bleibe man derzeit hinter der gewünschten Quote zurück, die Tendenz gehe sogar in die andere Richtung.

»Viel Luft nach oben« sieht Friederici ebenso beim Installieren von Ladepunkten an Laternen. Als Vorbild nennt der CDU-Politiker Großbritannien, wo auch Poller für den Ausbau genutzt würden: »Warum sollte das nicht auch bei uns möglich sein?« Berlin und Brandenburg müssten »bundesweit zum Lademeister« werden.

Die Studie der KfW zeigt auch, dass ganz Deutschland mit dem Aufbau von Ladestrukturen nicht hinterherkommt. Innerhalb der letzten zwei Jahre sei die Zahl der Elektroautos dreimal stärker gewachsen als die verfügbaren Lademöglichkeiten. Derzeit müssten sich 23 Autos in Deutschland einen öffentlichen Ladepunkt teilen. Mit dpa

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