Belastete Entlastung

Arme bekommen wenig, Rentner*innen gehen zum Teil leer aus und um das 9-Euro-Ticket gibt es Streit

Die Preise kennen derzeit nur eine Richtung - nach oben. Schuld daran sind unter anderem die hohen Energiekosten, die bereits die Frage aufkommen ließen: heizen oder essen? Um den Bürger*innen zu helfen, hat das Bundeskabinett am Mittwoch ein weiteres sogenanntes Entlastungspaket beschlossen. Das allerdings große Lücken aufweist und bei den Ländern für Unmut sorgt.

Ins Paket hineingetan hat die Ampel-Koalition die in Deutschland obligatorisch scheinende Entlastung für Autofahrer*innen, die vor allem im März sehr sehr tief die Taschen greifen mussten, um ihren Tank zu füllen. Drei Monate lang, von Juni bis August, soll deshalb nun die Energiesteuer auf Kraftstoffe gesenkt werden. Was den Benzinpreis um knapp 30 Cent je Liter und Diesel um rund 14 Cent je Liter günstiger macht - wenn denn die Mineralölkonzerne die billigeren Preise vollständig den Verbraucher*innen zugute kommen lassen.

Damit nicht nur Autofahrer*innen von einer Senkung der Mobilitätskosten profitieren und es nicht bei der bloßen Subventionierung fossiler Brennstoffe bleibt, soll auch der Nah- und Regionalverkehr der Bahn befristet erheblich billiger werden. Ebenfalls von Juni bis August soll es hier ein Monatsticket zum Preis von neun Euro geben. Allein dafür will der Bund den Ländern, die für die Umsetzung zuständig sind, in diesem Jahr 2,5 Milliarden Euro geben. Die allerdings sehen sich damit übervorteilt und verlangen mehr Geld.

Die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz der Länder, Bremens Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne), etwa erklärte am Dienstag, dass die Mitglieder der Verkehrsministerkonferenz vom Bund auch erwarteten, dass die Ausfälle der Angebotsausweitung im ÖPNV, die diesjährige Steigerung der Bau-, Energie- und Personalkosten sowie die enorm gestiegenen Energiekosten infolge des Ukraine-Kriegs in Höhe von insgesamt 1,5 Milliarden Euro ausgeglichen werden. Da die Länder dem Ticket-Plan im Bundesrat zustimmen müssen, könnte hier der Ampel durchaus noch einiges Ungemach ins Haus stehen. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) erklärte nach dem Kabinettsbeschluss schon einmal, dass die Diskussion damit noch nicht vorbei sei. »Wir lassen uns vom Bundesverkehrsministerium nicht einfach sang- und klanglos in die Umsetzung schicken, sondern wollen zentrale Fragen wie die verlässliche und vollständige Finanzierung durch den Bund geklärt haben«, so Bernreiter.

Umstritten sind auch weitere Teile des Pakets. Kritiker hier unter anderem: Sozial- und Wohlfahrtsverbände. Diese bemängeln, dass zwar einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige mit ihrem Gehalt und Selbstständige über eine einmalige Senkung ihrer Vorauszahlung bei der Einkommensteuer eine Energiepauschale von einmalig 300 Euro brutto bekommen sollen, dadurch aber Rentner*innen nicht berücksichtigt werden, die ebenfalls - und im Falle kleiner Renten in besonderem Maße - auf das Geld angewiesen sind.

Auch dass Beziehende von Leistungen der Grundsicherung lediglich eine weitere Einmalzahlung von 100 Euro bekommen sollen - zusätzlich zu den schon beschlossenen 100 Euro -, stößt auf Kritik. »Arme Menschen dürfen nicht länger mit unzureichenden Einmalzahlungen vertröstet werden, sondern brauchen spürbare und dauerhafte Unterstützung in ihrer Not«, erklärte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands am Mittwoch. Die Bundesregierung müsse endlich einsehen, »dass die Hartz-IV-Regelsätze schlicht viel zu niedrig sind«.

Laut Schneider brauche es 200 Euro mehr im Monat, um die Grundsicherung annähernd bedarfsgerecht zu machen. An den Bundestag appellierte er, »für wirksame Nachbesserungen« zu sorgen. »Die Monat für Monat dahinschmelzende Kaufkraft treibt die Ärmsten gerade buchstäblich an den Rand der Verzweiflung«, so Schneider.

Zu guter Letzt die Familien: Auch für diese sieht das Entlastungspaket eine Sonderzahlung vor. So wird das Kindergeld einmalig um 100 Euro pro Kind angehoben, wobei die Summe im Sommer automatisch von der Familienkasse ausgezahlt werden soll und ein Antrag somit in der Regel nicht notwendig ist.

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