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- Eisbären Berlin im DEL-Finale
Willkommen zur Finalhatz!
Das Terminchaos der Deutschen Eishockey-Liga zieht sich bis in die Endspielserie zwischen Berlin und München
Auch die zweite Corona-Spielzeit der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) geht nicht ohne ein gewisses Maß an Chaos zu Ende. Gab es in der Spielzeit 2020/21 Wirrwarr um den verspäteten Start, herrscht ein Jahr später Streit um einen würdigen Abschluss. Spätestens am 5. Mai soll der Finalsieger feststehen. Doch noch bevor das erste von maximal fünf möglichen Endspielen an diesem Freitagabend in Berlin überhaupt angepfiffen worden war, hatte es einige Turbulenzen gegeben, die als einmalig gelten dürften.
Die DEL hatte beschlossen, dass im Falle einer Finalpaarung Eisbären Berlin kontra RB München das erste Spiel nicht einmal 24 Stunden nach der Schlusssirene vom entscheidenden fünften Halbfinalduell zwischen den Eisbären und den Mannheimer Adlern ausgetragen werden soll. Während die schon seit dem vergangenen Sonntag frühzeitig für das Finale qualifizierten Münchner fünf Tage Zeit hatten, sich auf das erste Finalspiel vorzubereiten, mussten die Eisbären nach ihrem 3:0-Erfolg im letzten Halbfinale gegen Mannheim schon am nächsten Abend wieder aufs heimische Eis.
Die Liga kann sich noch glücklich schätzen, dass sich die Münchner nach drei und nicht auch erst nach fünf Halbfinalpartien durchsetzten. Sonst hätten sie im Anschluss an ihr letztes Spiel umgehend nach Berlin fliegen müssen, um am Freitagabend rechtzeitig auf dem Eis zu stehen. Allein an dieser jeglichen Leistungssportprinzipien widersprechenden Absonderlichkeit wird das komplette Terminchaos deutlich.
Zum umstrittenen Zeitplan gehört auch, dass die Finalpartien zwei und drei sowie gegebenenfalls vier und fünf erneut an direkt aufeinanderfolgenden Tagen ausgetragen werden. Mehr als ein Tag zur Regeneration bleibt nie. Zudem wechselt stets das Heimrecht, so dass ständig zwischen Berlin und München gependelt wird. Nach Angaben der DEL wurde diese Terminhatz aber angeblich »mit allen Klubs vorab abgestimmt«.
Zugegebenermaßen war die Liga in einer Zwickmühle. Mehrfach war ihr Spielplan der Hauptrunde von Corona-Quarantänen ganzer Teams durcheinander gewirbelt worden. Es fielen so viele Spiele aus, dass einige auch in der eigentlich spielfreien Zeit während der Olympischen Spiele im Februar nachgeholt werden mussten. Zusätzlich wurde die Hauptrunde um eine Woche verlängert. Dennoch fanden acht Partien nicht mehr statt, und eine Quotientenregelung entschied über die Tabellenplätze. Schon das gab Ärger, weil sich die nun absteigenden Krefelder Pinguine benachteiligt fühlten.
Eine weitere Verschiebung schloss die Liga aber aus, da nicht zuletzt am 13. Mai die Weltmeisterschaft in Helsinki und Tampere beginnt. Die recht erfolglosen Testspiele der deutschen Nationalmannschaft leiden ganz augenscheinlich darunter, dass etliche Nationalspieler aus dem Kreis der Playoff-Klubs noch nicht zur Verfügung stehen. Die Berliner und Münchner Kandidaten stoßen wohl sogar erst fünf Tage vor WM-Beginn zum Nationalteam. Die Verkürzung der Playoff-Serien lehnte die Liga ebenfalls ab, um ihr sogenanntes Premiumprodukt zu schützen. Nun aber wird ausgerechnet jene Finalserie, die das Höchstmaß an Qualität der Liga zeigen sollte, womöglich mit fünf Spielen in nur sieben Tagen durchgezogen.
Dass das Terminchaos zu einer sportlich fragwürdigen Finalkonstellation mit müden Spielern auf allen Seiten führte, ist kein Ruhmesblatt für die DEL. »Diese Ansetzung ist extrem unglücklich. Der Spielplan wird einer Finalserie der Topteams nicht gerecht«, beklagte Berlins Geschäftsführer Thomas Bothstede schon vor Spiel eins. Allerdings spricht er auch von einer »notwendig gewordenen Ansetzung«, denn aufgrund bereits vor langer Zeit für dieses Wochenende terminierter Veranstaltungen in der Arena am Ostbahnhof hätten die Eisbären nicht an den vorgesehenen Finalterminen hier spielen können. »Das alles war der DEL bewusst, als die Hauptrunde um eine Woche verlängert wurde. Wir hatten die Liga mehrfach auf dieses riesige Problem aufmerksam gemacht«, so Bothstede. Offensichtlich blieb der Warnruf ungehört.
Nur beim Blick auf die Finalpaarung scheint Normalität eingekehrt zu sein, denn mit Berlin und München treffen der Erste und Zweite der Hauptrunde aufeinander. Nach 56 Partien hatten sich die Eisbären in die Favoritenrolle gespielt. Es folgte ein Durchmarsch im Viertelfinale mit drei Siegen gegen Köln, bevor Mannheim im Halbfinale für zwei unerwartete Dämpfer sorgte. Dabei hatte Berlins Coach Serge Aubin – unlängst zum »Trainer des Jahres« gekürt – immer wieder gemahnt: »Nur wenn wir diszipliniert und fokussiert spielen, haben wir alle Erfolgschancen.« Dementsprechend ließ er nach dem zwölften Finaleinzug der Eisbären auch keine große Überheblichkeit beim Titelverteidiger zu: »Wir werden auf mögliche fünf Spiele gut vorbereitet sein.«
Für die Berliner spricht ein stark besetzter Kader. Neben dem US-amerikanischen Topscorer Matt White überragte von den erst im Laufe der Saison neuverpflichteten Spielern vor allem der fünffache Halbfinaltorschütze Blaine Byron aus Kanada, der auch in Spiel fünf gegen Mannheim mit zwei Treffern für die Entscheidung sorgte.
Erzrivale München stürmte derweil im Eiltempo mit drei Siegen über Vizemeister Wolfsburg ins Finale. »Nun wollen wir auch die letzten Schritte erfolgreich gehen«, forderte Trainer Don Jackson. Für den 65-Jährigen hat das Duell auch eine emotionale Komponente. Schließlich führte er die Berliner von 2008 bis 2013 zu fünf Meisterschaften. Dieser Erfolgsbilanz fügte er mit München drei Titel (2016 bis 2018) hinzu – Trainerrekord!
Ein Jubiläum muss Jackson jedoch noch verschieben: das 1000. DEL-Spiel als Cheftrainer. Selbst wenn die Serie über die volle Distanz ginge, am Finalende stünden maximal 999 Partien zubuche. »Aber das alles ist Nebensache: Wichtig ist, die vierte Meisterschaft nach München zu holen«, so Jackson.
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