Klimaschutz »mit Augenmaß«

Bundesverwaltungsgericht weist Klage gegen Weiterbau der Autobahn A14 in Sachsen-Anhalt ab – schlechtes Omen für weitere Verfahren

  • Clara S. Thompson
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Autobahn A14 darf weiter gebaut werden. Auch in puncto Klimaschutz muss das Land Sachsen-Anhalt nicht nachbessern. Das verkündete das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Mittwochnachmittag. Damit verloren die Naturfreunde Sachsen-Anhalt die Klage gegen das Landesverwaltungsamt wegen des Verkehrsabschnitts 2.2 des Ausbauvorhabens zwischen Osterburg und Seehausen. Der Entscheidung vorangegangen war eine rund sechsstündige Verhandlung am Dienstag vergangener Woche.

Grund der Klage waren für die Naturfreunde erhebliche Mängel im Planfeststellungsbeschluss. Der Verein stellte unter anderem den Bedarf für die Autobahn infrage und kritisierte die Verletzung des Klima‑, Arten- und Wasserschutzrechtes. Dies stellte auch das Besondere an der Klage dar: Zum ersten Mal wurde gegen eine Autobahn auf der Basis des nachbearbeiteten Klimaschutzgesetzes geklagt. Im April 2021 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung aktualisiert werden müsse und in Teilen verfassungswidrig sei.

Dass die A14 weiter gebaut werden darf, begründete das Gericht zunächst damit, dass für die Autobahn vordringlicher Bedarf und somit eine Bindungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses bestehe. Mit dem zur Debatte stehenden Teilstück werde die Erschließung der Altmark ermöglicht. »Eine der größten Lücken im deutschen Autobahnnetz wird mit der A14 geschlossen«, sagte die Vorsitzende des Senats.

Damit nahm das Gericht Bezug auf die Kritik des Klägers, dass die Planung für die Autobahn auf viel zu hohen Verkehrsprognosen fuße. »Die A14 ist als Autobahn komplett überdimensioniert«, hatte der Anwalt der Naturfreunde, Karsten Sommer, zuletzt im Gericht erklärt.
Auch in puncto Klimaschutz konnten die Kläger die Kammer nicht überzeugen. In der mündlichen Urteilsbegründung nahmen die juristischen Erläuterungen zur Bedeutung des Klimaschutzgesetzes für die Entscheidung den größten Raum ein. Dieses sei ein Rahmengesetz, das sich an den Gesetzgeber richte, erklärte der Senat. Natürlich dürften Naturschutzverbände klagen. Noch gebe es allerdings keine ausreichenden Leitfäden, die nahelegten, wie das Gesetz genau anzuwenden sei. Dies führe zwar nicht dazu, dass Klimaschutz vernachlässigbar sei, aber es bedeute, dass das Level an Klimaschutz bei Infrastrukturprojekten wie der A14 »mit Augenmaß« bestimmt werden müsse. Natürlich dürfe die Verwaltung nicht »die Augen vor den Klimafolgen verschließen«, aber Klimaschutz dürfe für die Behörden keinen »unzumutbaren Aufwand« darstellen.

Die Vorsitzende Richterin betonte zudem, der Beklagte müsse die Planung der Strecke bezüglich des Klimaschutzes nicht nachbessern, da er auf diesen bereits in einem Planergänzungsbeschluss eingegangen sei. Die Forderung des Klägers, die CO2-Äquivalente der gerodeten Bäume auszurechnen, wies der Senat ab. Zur Ermittlung dieser Daten gebe es bisher nur ungenügende Methoden, hieß es zur Begründung.

Davon zeigt sich Karsten Sommer, Anwalt der Naturfreunde enttäuscht: »Was der Senat überhaupt nicht in Betracht gezogen hat, ist der zeitliche Aspekt. Es reicht nicht, wenn zum Ausgleich gepflanzte Bäume erst in 30 Jahren wieder als CO2-Senke dienen.« Denn diese Senken würden durch die A14 erst einmal verschwinden. Sommer kritisiert zudem die Auffassung des Gerichts darüber, was den Behörden zuzumuten sei. »Was ist schon unzumutbar im Angesicht dessen, was kommen wird, wenn wir die Klimaziele nicht erreichen?«, sagte er gegenüber »nd«.
Die Entscheidung zur A14 gilt als wegweisend, da sie Einfluss auf weitere Gerichtsbeschlüsse über Infrastrukturprojekte in Anbetracht von Klimaschutzaspekten haben könnte. Ende Mai verhandelt das Bundesverwaltungsgericht über die Zukunft der Küstenautobahn A20.

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