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- Eishockey-WM in Finnland
Die größten Hürden stehen am Start
Bei der Eishockey-WM in Finnland trifft das deutsche Team gleich zum Auftakt auf den Rekordweltmeister
Folgt man den aktuellen Angaben eines führenden Sportwettanbieters, so erwartet das Nationalteam des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) an diesem Freitag eine kalte Dusche. Schließlich steht gleich zum Auftakt der Weltmeisterschaft in der Helsinki Ice Arena das Duell gegen Titelverteidiger und Rekordweltmeister Kanada an, und alle Zeichen stehen auf einen Favoritensieg in der Gruppe A. Tags darauf geht das deutsche Team laut Wettbüros gegen den Olympiadritten Slowakei immerhin als leichter Favorit aufs Eis, obwohl die Mannschaft bei den Winterspielen 2022 in Peking noch an den Slowaken gescheitert war.
Natürlich sind das nicht mehr als Papierrechnungen. Entschieden werden Spiele auch bei Weltmeisterschaften nach wie vor durch Tore auf dem Eis und nicht durch von Algorithmen errechnete Quoten. Die deutsche Auswahl zehrt noch immer vom Ruhm der olympischen Silbermedaille 2018 und davon, vor einem Jahr erstmals seit der Heim-WM 2010 in den Kreis der besten vier Nationen vorgedrungen zu sein. Doch bei Olympia 2022 erlitt sie zuletzt einen herben Rückschlag (10. Platz). Daher strebt das Team von Bundestrainer Toni Söderholm nun eine Wiedergutmachung an.
13. Mai, 19.20 Uhr: Deutschland - Kanada
14. Mai, 19.20 Uhr: Slowakei - Deutschland
16. Mai, 19.20 Uhr: Frankreich - Deutschland
19. Mai, 15.20 Uhr: Deutschland - Dänemark
20. Mai, 15.20 Uhr: Deutschland - Italien
22. Mai, 15.20 Uhr: Kasachstan - Deutschland
24. Mai, 11.20 Uhr: Deutschland - Schweiz
Die K.-o.-Runde startet mit den Viertelfinals am 26. Mai. Am 28. und 29. Mai endet die WM mit Halbfinals und dem Endspiel. SID/nd
Die Vorbereitung auf die WM lief jedoch suboptimal. Die letzte Generalprobe, der siebente und letzte Härtetest am Wochenende in Schwenningen gegen Österreich (3:1), wurde nur mit Mühe bestanden. Zuvor hagelte es vier Niederlagen und nur zwei weitere Erfolge gegen Tschechien und die Schweiz. Das veranlasste Söderholm, immer wieder auf seine Spieler einzureden: »Das müssen wir alles so schnell wie möglich abhaken, um den Kopf frei zu bekommen, für das, was kommt.« Dabei verhehlte er nicht, dass es »etliche Baustellen« gebe, »vor allem, was das Spielerische« betreffe.
Aber als Trainer übte er sich naturgemäß auch in Optimismus: »Man merkt, dass die Mannschaft langsam zusammenwächst. Da ist eine Stimmung drin, auf der man viel aufbauen kann. Wenn der Tag kommt, an dem es zählt, wird vieles zusammenkommen.« Dabei baut der Finne auch auf die erst kurz vor WM-Beginn zum Team gestoßenen Spieler aus der NHL und von den beiden Finalisten der DEL-Playoffs Berlin und München.
Diesen Optimismus teilt auch der aus Detroit angereiste NHL-Verteidiger Moritz Seider mit Blick auf die sieben Vorrundengegner. Schließlich stehen die Siegchancen vor allem gegen den Nachrücker Frankreich ziemlich gut. Die Franzosen haben recht kurzfristig den Platz für das wegen der Ukraine-Invasion ausgeschlossene Team aus Russland eingenommen, und so wäre alles andere als ein Sieg am kommenden Montag eine Überraschung. »Wenn wir einmal in den Rhythmus kommen, dann sind wir schwer zu stoppen. Da müssen wir das Momentum mitnehmen«, hoffte Seider.
Dem DEB-Team winken also nach dem Kraftakt gegen Kanada und die Slowaken zum WM-Start und einem folgenden Ruhetag durchaus Erfolgschancen gegen Frankreich, Dänemark, Italien und Kasachstan. Zum Vorrundenabschluss kommt es dann zum Prestigeduell gegen die Schweiz, das – so vermuten die meisten Beobachter – womöglich zur entscheidenden Partie für den Einzug ins Viertelfinale mutieren wird. In diese Runde ziehen die ersten vier der beiden Achtergruppen ein. Hier geht es dann gegen die besten Nationen der Vorrundengruppe B. Auch hier gibt es mit Österreich einen Nachrücker für das wegen des Ukraine-Krieges gesperrte Team aus Belarus. Frankreich und Österreich gelten jedoch auch als erste Kandidaten für die zwei Abstiegsplätze, die anders als 2021 wieder eingeführt wurden.
Als Favoriten dieser Titelkämpfe werden Kanada, das den 28. WM-Titel anpeilt und sich damit zum alleinigen Rekordweltmeister vor Russland krönen könnte, Olympiasieger Finnland sowie der elfmalige Titelträger Schweden gehandelt. Im Gegensatz zum WM-Turnier von 2021 in Riga, das zuvor Belarus aufgrund der Verfolgung Oppositioneller entzogen worden war, wird es diesmal keine sogenannte Corona-Blase mehr geben. In beiden WM-Orten Helsinki und Tampere können sich die Spieler, für die vor der Abreise ein PCR-Test und bei Ankunft in Finnland noch ein Schnelltest Pflicht waren, frei bewegen.
Nachdem das WM-Turnier vor Jahresfrist pandemiebedingt noch vor fast völlig leeren Rängen ausgetragen werden musste, wird diesmal wieder mit vollen Hallen gerechnet. Jedoch kommen nicht ganz so viele Fans hinein wie ursprünglich geplant. Das liegt jedoch zur Abwechslung mal nicht an Corona-Einschränkungen. Vielmehr gab es kriegsbedingt eine bemerkenswerte Änderung: Ursprünglich war in Helsinki die deutlich größere Hartwall Arena als Spielort vorgesehen. An der halten allerdings zwei russische Oligarchen große Anteile, die seit Beginn des Angriffskrieges in der Ukraine auf EU- und US-Sanktionslisten gelandet sind. Da die beiden nicht von den WM-Einnahmen und dem Prestige des Turniers profitieren sollen, wechselten die WM-Veranstalter schnell in eine andere, wenn auch kleinere Halle: die altehrwürdige Helsinki Ice Hall. Ein bemerkenswertes politisches Signal der Finnen.
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