Heim in die AfD holen

In der Partei könnte es bald nur noch einen statt bisher zwei Bundesvorsitzende geben

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 4 Min.

Andreas Kalbitz geistert durch die AfD. Er ist in der Partei anwesend und gleichzeitig ist er es nicht, seit der Bundesvorstand 2020 seine Mitgliedschaft annulierte. Wirklich weg war der neben Björn Höcke zentrale Mitbegründer des völkischen Lagers seitdem nie. In der Brandenburger AfD – seinem einstigen Landesverband – halten Kalbitz viele die Treue, darunter einflussreiche Funktionär*innen wie die Landesvorsitzende Birgit Bessin. Aus ihrem Umfeld stammt laut Medienberichten ein Antrag, der als weiterer Schritt verstanden werden muss, Kalbitz eine Rückkehr in die Partei zu ermöglichen. Auf juristischem Wege gelang dies dem 49-Jährigen bisher nicht.

Auf dem AfD-Bundesparteitag im sächsischen Riesa in zwei Wochen sollen die Delegierten nun entscheiden, ob das vom Bundesvorstand gegen Kalbitz erlassene Auftrittsverbot bei Parteiveranstaltungen fällt. Zwar ist Kalbitz Teil der AfD-Fraktion im Potsdamer Landtag, außerhalb dieser darf er offiziell aber nicht wirken. Wie viel Aussicht auf Erfolg der Antrag in Riesa hat, ist schwer abzusehen, selbst in der Brandenburger AfD ist der Versuch umstritten, Fraktionschef Hans-Christoph Berndt lehnt ihn ab.

Es wäre für Kalbitz nicht die einzige Möglichkeit für eine vollständige Rückkehr. Maßgeblich ist ebenso, wie die Wahlen zur neuen Parteispitze ausfallen. Im noch amtierenden Bundesvorstand halten Unterstützer*innen von Jörg Meuthen die Mehrheit. Nachdem dieser die AfD im Frühjahr verließ, fehlt es den Marktradikalen an einer führenden Stimme, manche bis vor Kurzem in der Partei gehandelte Anwärter für den Posten der Bundessprecher*in gelten als angeschlagen. Mit einer Kandidatur kokettiert der Bundestagsabgeordnete Rüdiger Lucassen, bis Februar Landesvorsitzender in Nordrhein-Westfalen. Ob der 70-Jährige jedoch als Aufbruch gilt, zumal der Partei bei der NRW-Wahl vor wenigen Wochen mit 5,4 Prozent nur knapp der Wiedereinzug gelang? Lucassen sagte dazu Mitte Mai gönnergaft: »Wenn die Partei mich braucht, dann stehe ich zur Verfügung.«

Mögliche Kandidatin für die Parteispitze könnte auch Joana Cotar sein, ebenfalls eine frühere Meuthen-Unterstützerin. Direkt nach der verlorenen NRW-Wahl forderte die hessische Bundestagsabgeordnete den derzeit alleinigen Bundessprecher Tino Chrupalla auf, dieser solle nicht wieder für den Parteivorsitz kandidieren. Eine Kampfansage, die einige in der Partei kritisch sehen, sind öffentliche Machtkämpfe doch Teil des Problems, warum die AfD Wahlniederlagen erleidet. 

»Ungehörig« und »unprofessionell« nannte Alice Weidel die Attacke auf Chrupalla, mit dem sie die Fraktion im Bundestag führt. Weidel selbst könnte Ambitionen auf den Bundesvorsitz haben. Ihren Posten als Vorsitzende in Baden-Württemberg gibt sie in wenigen Wochen ab. Käme es in Riesa zum Duell Cotar gegen Weidel, hätte letztere bessere Karten. Als die Partei 2021 ein Spitzenduo für die Bundestagswahl suchte, setzte sich das Gespann Weidel/Chrupalla mit 71 Prozent gegen Cotar und deren Mitstreiter Joachim Wundrak durch.

Womöglich kommt alles ganz anders. Laut Medienberichten liegen für den Parteitag mehrere Anträge vor, die fordern, dass es künftig nur noch einen oder zwei Bundessprecher*innen gibt. Dafür wäre allerdings eine Zweidrittelmehrheit der Delegierten notwendig. Derzeit sind in der Satzung zwei oder drei Vorsitzende verankert. Pikant: Einer der Anträge soll von Björn Höcke stammen. Der Faschist hatte vor Kurzem erklärt, er wolle die künftige Parteiführung mitprägen und deutete wie so oft in den letzten Jahren an, er könne sich selbst eine Kandidatur vorstellen.

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