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Kontinuität auf dem Thron
Zar Peter I. wird von Russlands Präsident Wladimir Putin als nationales Vorbild reaktiviert
Herzlichen Glückwunsch, Peter! Russland feiert das Jubiläum einer der bedeutendsten Persönlichkeiten seiner Geschichte. Vor 350 Jahren wurde der Herrscher in Moskau geboren, in einer Stadt, die ihm nie wirklich gefiel. Peter wollte raus aus der vom Adelsfilz zersetzten Hauptstadt. Sein Russland sollte sich verändern, moderner werden. Die Anleitung dafür besorgte er sich in Europa, wo er sich auch seinen Titel holte. Peter wollte nicht mehr Zar sein, sondern ein Kaiser wie andere Herrscher auch. Sein »Fenster nach Europa« wurde zu einer der größten Zäsuren in der russischen Geschichte. Aus der Adelsrepublik wurde ein moderner europäischer Staat, der mit St. Petersburg eine der prächtigsten Hauptstädte der Welt bekam. Für seine Verdienste bekam Peter schnell den Beinamen »der Große«, auch wenn der im Ausland gebräuchlicher ist als in Russland selbst.
Unter Präsident Wladimir Putin war Peter lange in der Mottenkiste der Erinnerungskultur verschwunden. Um dann zum Jubiläum als großer Herrscher gefeiert zu werden. Russland liebt Peter, bezeugt eine Umfrage. Nicht aber wegen seiner Reformen, sondern wegen des Aufbaus einer Flotte und den Kontakten nach Europa. Auch Putin kann dem Kaiser wieder etwas abgewinnen, als Feldherr, der sein Land im Kampf gegen westliche Mächte zum Erfolg führte. Niemand habe die sumpfige Newa-Mündung als russisch anerkannt, bis Peter kam und dort die Stadt errichtete, in der Putin aufwuchs, erklärte der Kremlchef. Wobei der »ausgezeichnete Geschichtskenner«, wie ihn sein Sprecher Dmitri Peskow bezeichnete, ein paar Fakten verdrehte. Peter habe da kein Land eingenommen, er habe es lediglich zurückgeholt und gefestigt, so Putin. Und das sei genau das, was Russland heute auch tue. Schließlich habe sich Russland seit den Zeiten Peters nicht verändert. Das mag im militärischen Bereich stimmen. Gesellschaftlich hingegen war Peter deutlich offener als die heutige russische Regierung. Immerhin, so versprach es Peskow, habe Putin keinerlei Absicht, das »Fenster nach Europa« zu schließen.
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