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Bernd Berkhahn steht vor herausfordernden Titelkämpfen
Der Bundestrainer über die bevorstehenden Weltmeisterschaften im Schwimmen
Bernd Berkhahn hat in den vergangenen Tagen noch einmal einen genauen Blick auf das Programm der Weltmeisterschaften im Schwimmen geworfen, die am Sonnabend in Budapest beginnen. Und beim Gedanken daran verdreht der 51-Jährige wieder einmal die Augen. Schließlich hat der Bundestrainer im Wettkampfplan für die globalen Titelkämpfe »so einige Sachen« entdeckt, die er als etwas unharmonisch und wenig sportlerfreundlich empfindet. Mit dem rasanten Wechsel von den Becken- zu den Freiwasserwettbewerben – am übernächsten Wochenende – als negativem Höhepunkt.
»Das ist schon abgefahren, was der Weltverband da von den Sportlern erwartet: Finale über 1500 Meter Kraul am Samstagabend und am nächsten Vormittag findet dann das Teamrennen im Freiwasser statt. Das bedeutet, wir müssen in der Nacht oder noch am Abend umziehen. Hm… das ist schon eine Herausforderung«, murmelt Berkhahn, der bei der Arbeit mit den Top-Athleten der Branche selbst für seine ausgesprochen anspruchsvolle Art bekannt ist.
Olympiasieger Florian Wellbrock zum Beispiel bezeichnet den an der Schlei in Schleswig-Holstein aufgewachsenen Coach als einen nur sehr schwer zufriedenzustellenden Perfektionisten. Und sein Magdeburger Trainingskollege Lukas Märtens, der im April mit mehreren Weltklassezeiten auf sich aufmerksam machte, sagt im Gespräch mit »nd« über Berkhahn: »Während wir Mittagsschlaf halten, sitzt er vermutlich noch mehrere Stunden im Büro und schreibt Pläne. Ich kann und will seine Wochenarbeitszeit gar nicht schätzen – aber das ist sehr, sehr viel.«
Der Ruf des emsigen Fachmanns ist dabei längst über Deutschlands Grenzen hinaus geschwappt: Die Niederländerin Sharon van Rouwendaal, Olympiasiegerin im Freiwasser 2016, trainiert seit zwei Jahren in Magdeburg. Anfang März, kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, wechselte dann auch der im nordwestukrainischen Riwne geborene Michailo Romantschuk nach Sachsen-Anhalt. Und dort ist der zweifache Medaillengewinner von Tokio für Wellbrock und Märtens nun Trainingspartner und Konkurrent zugleich.
Der Chef dieses Top-Trios geht dabei betont professionell mit der ungewöhnlichen Konstellation um, erklärt nach einem kurzen Lachen: »Na ja. Ich sehe meinen Job darin, die Sportler zu entwickeln und zu verbessern. Und jeder von ihnen bekommt das gleiche Know-how zur Verfügung gestellt, das ich anbieten kann.«
Einige Angebote flatterten Berkhahn dabei offenkundig auch selbst ins Haus: Nach den Olympischen Spielen von Tokio, bei denen aus seiner Trainingsgruppe neben Wellbrock auch dessen Lebensgefährtin Sarah Köhler, die seit der Heirat Ende Dezember 2021 ebenfalls Wellbrock heißt, medaillendekoriert heimkehrte, sprach er von »zahlreichen« und »verlockenden« Angeboten – nachdem er kurz zuvor schon mit einem Wechsel ins Ausland geliebäugelt hatte.
Letztlich setzte Berkhahn seine Tätigkeit in Deutschland fort – wobei die Arbeit am Stützpunkt in Magdeburg nach eigener Aussage ohnehin nie zur Debatte gestanden hatte. Diskutabler empfand der erste Coach einen Monat nach den Erfolgen seiner Athleten bei Olympia seine berufliche Zukunft im Verband. Wobei inzwischen zumindest feststeht: Die Doppelspitze mit Berkhahn als Teamchef und Hannes Vitense als Teamcoach, die der DSV im Januar 2019 nach dem Rücktritt von Chefbundestrainer Henning Lambertz ins Leben gerufen hatte, gehört seit knapp fünf Monaten der Vergangenheit an. Er wolle nicht jedem Heimtrainer sagen, wie er zu trainieren habe, setze stattdessen verstärkt auf Individualität und Kreativität, betonte Berkhahn im Zuge seiner Amtsübernahme.
Inzwischen sind gut drei Jahre vergangen, je eine WM und eine Olympia-Ausgabe mit einzelnen Highlights für den DSV ist absolviert. Von einer rosigen Zukunft des deutschen Schwimmsports kann trotz einiger Medaillenhoffnungen wie der 20-jährigen Kraulfachkraft Märtens, der gleichaltrigen Brustspezialistin Anna Elendt und dem ein Jahr älteren Freistilschwimmer Rafael Miroslaw aber nicht die Rede sein.
So verweist Berkhahn darauf, dass Elendt und Miroslaw ihren Lebensmittelpunkt mittlerweile in die USA verlegt haben und dort in starken Teams trainieren. »Das verfolgen wir natürlich mit Begeisterung«, kommentiert der Bundestrainer etwa die drei deutschen Rekorde von Elendt in diesem Frühjahr, gibt aber zugleich zu bedenken: »Es sollte nicht so laufen, dass der DSV mit seinen Landesverbänden Schwimmer ausbildet, die dann in die USA gehen, dort schnell schwimmen und dann zurückkommen und bei einer WM erfolgreich sind.«
Von einer Systematik oder der Spitze eines Erfolgs-Eisbergs könne deshalb auch nicht die Rede sein. Vielmehr sieht Bernd Berkhahn die Lage mit Blick auf Olympia 2024 so: »Ich glaube nicht, dass wir bis Paris noch mehr dieser Sportler sehen werden. Rafael und Anna waren ja eigentlich schon bis 2019 in der Nationalmannschaft etabliert. Sie sind keine Unbekannten. Und bis Paris werden auch keine Unbekannten dazu stoßen.«
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