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Weise Worte von Neven Subotić
In seiner Biografie spricht der ehemalige Fußballer über beschwerliche Jugendjahre, seine Profikarriere und soziale Verantwortung
Neven Subotić hat ein Buch geschrieben und das hat es durchaus in sich für eine Fußballerbiografie. In »Alles geben: Warum der Weg zu einer gerechten Welt bei uns selbst anfängt« kritisiert der in Jugoslawien geborene Deutsche das kapitalistische System Profifußball: Er berichtet von Trainern, die ihn nicht aufstellten, damit er seinen Vertrag nicht verlängert. Oder er prangert die Ungerechtigkeit an, dass eine Putzfrau mehr arbeiten müsse als er und trotzdem davon nicht leben könne. Subotić verdiente mit seinem Traumjob Millionen.
Das Buch beginnt mit einem Vorwort von Trainer Jürgen Klopp, der die direkte, schnörkellose und ehrliche Art seines Schützlings auf dem Platz beschreibt: »Er hat nie für die Galerie gespielt.« Auch auf menschlicher Ebene habe Subotić ihn sehr beeindruckt. Mitautorin Sonja Hartwig führt danach chronologisch durch die beschwerliche Kindheit des heute über 33-jährigen Subotić. Seine Familie siedelte 1990 aus Jugoslawien nach Deutschland über, doch als hier die Abschiebung drohte, zog es sie in die USA. Dort trainierte Subotić bei einem College-Team, ehe er 2006 mit 17 Jahren seinen Traum verwirklichte, Profifußballer zu werden. Er ging zurück nach Deutschland, um beim 1. FSV Mainz 05 einen Vertrag zu unterschreiben. Dort lernte er dann auch den damaligen Mainzer Trainer Klopp kennen.
Verbindung zu Klopp
Jener Klopp also, mit dem Subotić gemeinsam bei Borussia Dortmund die Meisterschaft 2011 und das Double 2012 gewinnen sollte. Oft wurde der heutige Liverpool-Trainer als Ziehvater Subotićs bezeichnet. Der Spieler selbst jedoch nannte ihn nie so. »War Kloppo wie ein Vater? Ich habe ihn nicht so gesehen und auch nie so bezeichnet«, schreibt er. »Was ist die Aufgabe von Eltern? Werte vorleben, einen Boden schaffen, auf dem etwas Neues wachsen, du dich entwickeln kannst. Das hat er in mir geschaffen.« Zu seinem richtigen Vater hat Subotić keine wirklich empathische Bindung, wie er sie sich heute aber wünscht. Trotzdem habe ihm sein Vater die Liebe zum Kicken und die Motivation, immer alles zu geben, vermittelt.
Auf 272 Seiten gibt es viele kleine Geschichten zu entdecken. So erzählt Subotić über eine Phase, in der er verletzt war und sich ohne das Wissen des Vereins unter die Fans im Stadion mischte: »Ich mache nicht mit, denn ich bin verletzt, und ich habe mich auf die Südtribüne getraut, heimlich, vermummt, undercover.« Auch Klopp erzählt von einer munteren Anekdote: »Einmal kam er mit Rastahaaren an. Die waren so straff am Kopf, dass ich mich fragte, wie da noch eine Durchblutung stattfinden konnte. Ich sagte zu ihm: ›Neven, wir haben dich doch hergeholt, dass du als Spieler auffällst, und nicht durch deine Frisur.‹ Am nächsten Tag waren die Zöpfchen wieder weg.« Durch die kurzweilige und bewegende Erzählweise wird der Leser schnell in Subotićs Lebensgeschichte hineingezogen.
Der Mann mit den drei Pässen (Deutschland, Serbien und USA) berichtet auch über seine spätere Zeit bei Union Berlin: Dort sei er oft mit der S-Bahn zum Training gefahren. Immer wenn er erkannt worden sei, sei er dafür gelobt worden, dass er die öffentlichen Verkehrsmittel benutze – ganz zum Unmut des 36-maligen serbischen Nationalspielers. Es ärgere ihn, dass es als lobenswert angesehen worden sei, dass er mit der S-Bahn fuhr, nur weil er Fußballprofi war.
Im zweiten Teil des Buches gibt es einen tieferen Einblick in die Tatsache, dass der Mann mit dem sozialen Gewissen schon früh viel mehr sein wollte als nur Profifußballer. Er gründete mit 22 Jahren die Neven-Subotic-Stiftung und half Menschen in Äthiopien durch den Bau von Brunnen: »Ich wollte mich mit meiner Stiftung in einer Region engagieren, die zu den ärmsten der Welt gehört und politisch relativ sicher erschien.« Auch hier erzählen viele kleine Begegnungen, wie die Arbeit auch Subotic selbst veränderte. Da wäre Mulu, der Leiter einer Schule, ohne den viele Kinder nicht zur Schule gehen könnten. Dafür habe dieser auf ein Leben in der Stadt verzichtet und lebe in einer ländlich kargen Region und nicht besonders komfortabel, schreibt Subotić. Da ist Whib, der Geologe, der den Sportler auf vielen Reisen begleitete und ihm den Bau der Brunnen erklärte. Und da ist der Schüler Tesfaye, dessen Ausstrahlung den Fußballer aus Europa faszinierte. Der Name bedeutet Hoffnung.
Durch den Brunnenbau erhielten viele Menschen auf dem Land endlich Zugang zu sauberem Trinkwasser. Für die Verwaltungskosten in Höhe von 400 000 Euro kommt Subotić auf, sodass alle Spenden den Menschen in Afrika zugutekommen.
Wer ist Neven Subotić wirklich?
Mit dem abgehobenen Fußball will er heute nichts mehr zu tun haben. Der 1,93 Meter große Mann war kein typischer Fußballprofi, das sieht man auch jetzt an seiner neuen, ganz speziellen Lebensweise: Obwohl er viel Geld verdient hat, besitzt er keine Autos mehr. Auch das große Haus mit Jacuzzi ist verkauft. Subotić wohnt mit seiner Freundin in einer 90-Quadratmeter-Wohnung in Dortmund.
Der Fußballer schreibt, er werde nie zufrieden sein, da immer Verbesserungen möglich seien. Das passt zu ihm, denn Neven Subotić ist ein Arbeiter, ein Ackerer, der sich nicht dafür zu schade ist, sich auch mal die Hände schmutzig zu machen. Sein Motto »Alles geben« ist eben tief in ihm verankert.
Neven Subotić: Alles geben. Warum der Weg zu einer gerechteren Welt bei uns selbst anfängt. Kiepenheuer & Witsch, 272 S., geb., 22 €.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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