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L’Alpe-d’Huez – das mythische Ziel
21 legendäre Kehren warten auf die Fahrer am Ende die 12. Etappe der diesjährigen Tour de France
An diesem Donnerstag ist mal wieder l’Alpe-d’Huez das Etappenziel, insgesamt zum 31. Mal bei der Tour de France. Der mythische Berg lockt also wieder. »Für Bergfahrer ist l’Alpe-d’Huez, was für Sprinter die Champs Elysees darstellen«, sagte der französische Kletterer Pierre Rolland, nachdem sein Landsmann Thibaut Pinot 2015 dort erfolgreich war. Rolland hatte vier Jahre zuvor die 21 Kurven als Erster bezwungen und damit eine kleine französische Triumphserie begründet. Denn mittendrin, 2013, entwischte Christophe Riblon dem großen Favoriten.
Wie wichtig der steile Anstieg auf 1860 Meter für die Gastgeber ist, hat sich auch bis zu den ausländischen Profis französischer Teams herumgesprochen. »Es wäre großartig, am französischen Nationalfeiertag für ein französisches Team im Bergtrikot nach l’Alpe-d’Huez hochzufahren«, sagte der aus Berlin stammende und für Cofidis fahrende Profi Simon Geschke zu »nd«.
L’Alpe-d’Huez stellt auch die historisch früheste Bergankunft der Tour de France dar. Der Tourmalet wurde zwar früher befahren, 1910 bereits. Die weiße Linie des Etappenziels wurde aber erst 1974 auf den Pyrenäenriesen gemalt. 1952 schon war l’Alpe d’Huez erstmals Etappenziel. Der elegante Italiener Fausto Coppi schrieb sich damals als Sieger ein – und gewann am Ende auch die Tour. Auf Fernsehbildern kann man sehen, dass die Begleitautos damals noch offen waren, die Räder quer zur Fahrtrichtung auf Ladeflächen angebracht. Caravans waren noch nicht an der Straße geparkt, das Publikum vor allem französisch, sicher auch italienisch, weil sich damals die Heroen Coppi und Gino Bartali duellierten.
In den 1970er Jahren wurde l’Alpe-d’Huez zum Holländerberg, dank einer Siegesserie von Joop Zoetemelk und Hennie Kuiper (jeweils zweimal) sowie Peter Winnen (dreimal). Seitdem herrscht Fußballstimmung an den Kehren. Niederländische Polizisten reisen regelmäßig zum Eindämmen der Feierwut der Landsleute an.
Den Fahrern jagen die dicht gedrängten Massen Schauer über den Rücken – Schauer der Freude und Schauer der Angst. »Es ist beeindruckend, denn wenn du dort ankommst, fährst du an jeder Kehre auf eine Wand von Zuschauern zu. Du siehst nicht, was dahinter ist. Und erst im letzten Moment eröffnet sich dir eine schmale Gasse«, beschreibt Rolland, der Sieger von 2011 und auch jetzt bei der Tour dabei, die Szenerie. »Das ist wirklich speziell, und du musst dich maximal konzentrieren, diese Ungewissheit akzeptieren und für alles bereit sein, obwohl du ja schon am Limit deines eigenen Leistungsvermögens bist«, warnt der 35-Jährige.
Georg Zimmermann, elf Jahre jünger bei seiner Erstbesteigung von l’Alpe-d’Huez, wirkt da wesentlich entspannter. »Hey, es ist nur ein weiterer schöner Berg, den wir hochfahren müssen«, sagte er frohgemut zu »nd«. Der Kletterer wird sich wahrscheinlich um seinen Kapitän Louis Meintjes kümmern müssen. Freie Fahrt für einen Ausreißversuch könnten hingegen einige von Bora-hansgrohes Berghelfern wie etwa Max Schachmann oder der Österreicher Patrick Konrad erhalten.
Tadej Pogacar und Rafal Majka haben sich vielleicht die l’Alpe-d’Huez-Etappe von 1986 angeschaut. Da überquerten die Teamkollegen Bernard Hinault und Greg Lemond Hand in Hand den Zielstrich. Der Amerikaner hatte bereits das Gelbe Trikot – und gewährte dem Franzosen aus Dankbarkeit für dessen Helferdienste eine Reifenbreite Vorsprung.
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