Rechte militärische Netzwerke – im Prozess kein Thema

Franco A. war Teil der »Chatgruppe Süd« im Verein Uniter, der für einen Tag X Tötungen linker Politiker plante

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 4 Min.
In Ausbildungszentren des Kommandos Spezialkräfte in Calw wurden wohl auch Rechtsradikale an der Waffe ausgebildet.
In Ausbildungszentren des Kommandos Spezialkräfte in Calw wurden wohl auch Rechtsradikale an der Waffe ausgebildet.

Als 2017 der wohl größte rechtsextreme Skandal seit der Gründung der Bundeswehr aufflog, war es ein Skandal auf Raten, der weite Kreise zog. Dass Franco A. überhaupt vor Gericht landete, musste zunächst erstritten werden. Dabei stand seine Verhaftung am Anfang einer Reihe von Enthüllungen rund um den Verein Uniter. Der darf, vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft, mittlerweile nicht mehr in Deutschland eingetragen sein und agiert seither von der Schweiz aus.

Auf die Verhaftung von Franco A. am 3. Februar 2017 folgte das Bekanntwerden sogenannter Prepper-Gruppen rund um den Verein Uniter. Auf Durchsuchungen in Kasernen und ein Waffenfund Waffenfund in einem Privatbunker eines Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) folgten Ermittlungen am KSK-Standort Calw. An deren Ende versprach das Verteidigungsministerium eine umfassende Reform, deren Erfolge allerdings schwer überprüfbar sind. Die Auswirkungen der Enthüllungen waren nicht nur beim KSK gravierend.

In Mecklenburg-Vorpommern kostete eine Verbindung zu Uniter den CDU-Innenminister Lorenz Caffier das Amt. Ihm wurde vom Betreiber eines Schießplatzes eine Waffe geschenkt. Der Platz war bei Mitgliedern der Gruppe Nordkreuz innerhalb des rechtsradikalen Hannibal-Netzwerks, aber auch bei Spezialeinheiten von Militär und Polizei beliebt. Zeitweilig stand im Rahmen der Ermittlungen gegen rechte Netzwerke von Militärs und Polizisten auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) unter Verdacht, den Gründer von Uniter und ehemaligen KSK-Hauptfeldwebel André S. alias »Hannibal« gewarnt zu haben. Der für die Streitkräfte zuständige Nachrichtendienst zeigte erst spät überhaupt ein Interesse, die einzelnen Ermittlungsergebnisse zusammenzuführen und zu betrachten. Der redegewandte André S. galt 2017 unter anderem für das Bundeskriminalamt als wichtige Quelle, um an Interna aus dem KSK zu kommen.

Zur Mitgliedschaft von Franco A. im Hannibal-Netzwerk und im Verein Uniter ist im Prozess wenig bekannt geworden. 59 Mitglieder umfasste die Telegram-Chatgruppe Süd. Franco A. gehörte ihr an, das ergab die Auswertung seines Smartphones nach seiner Festnahme am Flughafen Wien. »Dieser Chat wurde ins Leben gerufen, um die aktuelle Lage, den aktuellen Stand sowie weiteres an Eingeweihte zu übermitteln«, heißt es in einer Botschaft des Initiators, aus der Dirk Laabs in seinem Buch »Staatsfeinde in Uniform« zitiert. »Desto besser die Kommunikation, um so einfacher die Organisation und das Sammeln untereinander am Tag X«, heißt es da weiter. Es folgt eine Aufforderung zu konspirativem Verhalten, zur Gewinnung weiterer Gruppenmitglieder und zu Disziplin. Konkret vereinbarte Sammelpunkte auf Truppenübungsplätzen in der Nähe der Kasernen von Spezialeinheiten der Bundeswehr belegen, dass die Gruppe keineswegs nur ein harmloses Rollenspiel betrieb.

Nach der Festnahme von Franco A. ordnete Uniter-Chef »Hannibal« die Löschung der Gruppe Süd an. Neben Soldaten und Polizisten gehörte ihr auch ein Waffenhändler an, auch er mit militärischem Hintergrund. Die Gruppe veranstaltete Übungen, bei denen sie unter anderem Brücken auskundschaftete und sich mit Plänen für deren Sprengung, wie im Kriegsfall vorgesehen, befasste. Bekannt ist, dass bei Uniter Angehörige von Bundeswehr und Polizei aktiv sind, Verbindungen zum MAD sind ebenso wahrscheinlich. Eine Verbindung zum Bundesnachrichtendienst (BND) ist bislang nicht nachgewiesen. Gelegenheiten, mit dem Netzwerk in Berührung zu kommen, dürfte es für den Auslandsgeheimdienst indes nicht nur aufgrund seiner KSK-Kontakte.

Schon mit dem Titel seiner 2013 am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr eingereichten Masterarbeit hätte Franco A. dem BND auffallen müssen, denn der Offizier war in Auslandsdienststellen der Bundeswehr stationiert, wo die Wege zwischen Armee und Nachrichtendienst kurz sind. Das Stichwort »Subversionsstrategie« lässt das pseudowissenschaftliche Werk von A. fast wie eine Bewerbung für ein Fachgebiet erscheinen, das in den Tätigkeitsbereich des BND fällt. Doch zu Nachfragen von Mitarbeitern des Geheimdienstes an Franco A. und seine Vorgesetzten oder gar zu Gesprächen mit dem Soldaten kam es nie.

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