Der Autowahn muss enden

Nicolas Šustr über verlogene Debatten und zu viel Bremserei

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Es sind vor allem die wohlhabenden Menschen, die von der jahrzehntelangen Politik pro Auto profitieren. Sie haben relativ zum Einkommen die meisten und auch die größten Autos und streichen somit auch die größten Vorteile ein. Je mehr ein Verbrenner schluckt, desto höher die Subvention durch den Tankrabatt.

Geringverdiener fahren nun mal selten Bentley, Porsche oder einen SUV. Doch die Umweltfolgen der Ressourcenschleudern bekommen genau sie ab. Seien es Abgase und Lärm vor ihren Fenstern in den günstigen Wohnungen an den Ausfallstraßen oder auch die Folgen der Erderhitzung, die im Globalen Süden noch extremere Auswirkungen haben als in Berlin, wo derzeit zwei sehr heiße Tage für große Aufregung sorgen.

Das heißt nicht, dass nicht auch weniger wohlhabende Menschen teilweise auf ein Auto angewiesen sind. Zum Beispiel, weil sie als Schichtarbeiter zur Unzeit durch die halbe Stadt fahren müssen und der Nahverkehr zu unzuverlässig ist oder weil wegen seltener Verbindungen mit ungünstigen Umstiegen die Fahrzeit durchaus auch dreimal so lang sein kann. Das ändert aber nichts daran, dass der Autoverkehr radikal reduziert werden muss. Durch weniger Parkplätze und Autospuren sowie höhere Park- und Fahrtkosten.

Doch statt Gießkannenförderungen oder kleinteiligen Antragsverfahren für Ermäßigungen bei Parkgebühren oder dergleichen wäre ein einheitliches Mobilitätsgeld pro Kopf die bessere Lösung für den sozialen Ausgleich. Dann können Geringverdienende selber entscheiden, ob sie das Geld dafür einsetzen, höhere Betriebskosten beim Auto auszugleichen oder den Pkw abzuschaffen und stattdessen mit einer Kombination aus Bus und Bahn, Fahrrad, zu Fuß und mit Sharing-Fahrzeugen ihre Mobilitätsbedürfnisse zu befriedigen. Denn viele nutzen das Auto aus Gewohnheit, nicht weil es nicht anders geht.

Berlin muss schnell seinen Teil leisten. Daran darf auch ein Beinahe-Unfall der Regierenden Bürgermeisterin in Paris mit einem E-Bike nichts ändern.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!