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»Scholz ist kein Klimakanzler«
Maximilian Herzog hat mit anderen jungen Engagierten den SPD-Klimaverein Klima.Gerecht gegründet. Ihr Ziel ist es, eine Brücke zwischen Klimabewegung und Partei zu bauen
Sie haben die Gründung von Klima.Gerecht mehr als ein Jahr vorbereitet. Wie hat sich der Prozess gestaltet?
Maximilian Herzog hat mit anderen jungen Engagierten den SPD-Klimaverein Klima.Gerecht gegründet. Er ist seit 2019 in der Klimabewegung aktiv und war Mitorganisator von Fridays for Future Konstanz. Johanna Montanari sprach mit ihm über Defizite der SPD, Klimagerechtigkeit und erneuerbare Energien.
Wir haben uns vor ungefähr anderthalb Jahren im Rahmen einer Chat-Gruppe zusammengefunden. Nicht alle von uns sind Juso-Mitglieder, aber wir alle sind junge Leute, momentan zwischen 18 und 27. Wir wirken aus der Klimabewegung von der Straße in die Partei hinein. Es geht uns nicht nur darum, dass sich Menschen bei uns engagieren, die Parteimitglieder sind. Wir wollen junge Menschen gewinnen, die der Sozialdemokratie nahestehen und Lust haben, in der SPD etwas voranzubringen mit frischen Ideen und frischem Mut. Wir haben uns dafür schon sehr früh mit Saskia Esken getroffen, die sich letzten Freitag spontan noch einmal Zeit genommen hat, sich im Bundestag mit uns zusammenzusetzen. Eigentlich hätte man so eine Plattform, wie wir sie jetzt gegründet haben, schon in den Siebzigern gründen müssen, spätestens aber in den Neunzigern. Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt unsere Positionen einbringen und darauf dringen, dass wir schnellstmöglich 100 Prozent erneuerbare Energien erreichen.
Das ist also auch eine Kritik an der SPD, dass sie nicht schon vorher eine größere Betonung auf diese Themen gelegt hat?
Ja, das kann man so sagen. In weiten Teilen hat die SPD versagt, dieser Aufgabe gerecht zu werden, bei der es ja wirklich darum geht, die Existenz der Menschheit auf unserer Erde zu sichern. Ein Bereich, in dem die SPD immer ganz gut war, ist der Ausbau der erneuerbaren Energien, aber auch da könnten wir schon viel weiter sein. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz wurde ja nun auch auf Druck der SPD angepasst. Da sind sehr viele gute Maßnahmen dabei, aber wir sind noch nicht da, wo wir sein sollten.
Der neu gegründete Verein will Klimagerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit zusammendenken. Was haben Sie da für Ideen?
Ich glaube, erst einmal ist es wichtig, zu betonen, dass 1,5 Grad kein Ziel sind, sondern eine Grenze. Wir sehen die Folgen der Klimakrise auch in Deutschland. Wir hatten letztes Jahr 184 Tote durch die Hochwasserkatastrophe. Ein Mitglied aus unserem Team war persönlich von der Flut betroffen, und man konnte kaum ertragen, was er uns berichtete. Und da reden wir ja noch nicht einmal über Menschen im Globalen Süden. Für diese Menschen sind 1,5 Grad Erderhitzung schon ein Kompromiss, der tagtäglich für großes Leid sorgt. Wir sind überzeugt, dass wirksamer Klimaschutz eine Gesellschaft braucht, die mitzieht, aber eben auch mitziehen kann. Wir haben beispielsweise eine Abschaffung der Mehrwertsteuer für klimafreundliche Produkte vorgeschlagen. Davon würden insbesondere Menschen mit kleinem Einkommen profitieren.
Vergangenen Samstag haben Sie Ihre Gründung gefeiert. Wie waren die Reaktionen, insbesondere auch aus der Parteiführung?
Wir haben von unterschiedlichen Ortsvereinen und Arbeitsgruppen für Klimaschutz aus ganz Deutschland Glückwünsche bekommen. Aus der Parteiführung waren die Reaktionen verhaltener. Doch um schlagkräftiger zu sein, brauchen wir diesen organisatorischen Überbau.
Auf Twitter gratulierte auch Luisa Neubauer zur Gründung. Wie soll die Zusammenarbeit mit Fridays for Future in Zukunft aussehen?
Wir freuen uns, dass sie uns gratuliert hat. Ich habe auch persönlich schon öfter mit ihr zusammengearbeitet und wir tauschen uns regelmäßig aus. Unser Anspruch ist es, aus der Klimabewegung die Brücke in die Partei zu bauen. Und das funktioniert eben nur, wenn wir uns weiterhin in der Klimabewegung verwurzeln. Viele von uns sind nach wie vor in den Strukturen von Fridays for Future aktiv.
In der Vergangenheit kam ja auch ganz konkrete Kritik an Kanzler Olaf Scholz, etwa vonseiten von Fridays for Future oder der Gruppe Letzte Generation. Wie schauen Sie darauf?
Ich glaube, man muss deutlich machen, dass Olaf Scholz längst noch kein Klimakanzler ist. Aber er hat das Potenzial, das zu werden, mit unserer Unterstützung. Wir würden uns einen Kanzler wünschen, der die Folgen der Klimakrise viel deutlicher benennt, dass wir momentan etwa auf eine Entwicklung zugehen, wo Brandenburg perspektivisch in den 30er-Jahren zur Wüste wird. Da kann man dann auch keine landwirtschaftlichen Strukturen mehr erhalten, da wächst einfach nichts mehr. Ich glaube, das muss man in dieser Dramatik verdeutlichen, damit auch wirklich alle Menschen verstehen, um was es geht.
Arbeiten Sie auch mit der Grünen Jugend zusammen?
Ja, wir haben natürlich in unterschiedlichen Formen schon Austausch miteinander gehabt. Wir werden das in Zukunft auch sicherlich noch verstärken, weil es uns darum gehen muss – gerade in einer Ampelkoalition –, durch geeinte Positionen mehr Einfluss zu erreichen.
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