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Verkehrshindernis aus der Kaiserzeit
Fahrgastverband fordert Verfüllung eines alten Straßenbahntunnels Unter den Linden
Der Lindentunnel ist ein Relikt der Kaiserzeit, aber er sorgt heute dafür, dass seit rund acht Monaten keine Doppeldecker mehr auf der Berliner Parade-Buslinie 100 fahren dürfen. Stattdessen fahren auf der Touristenlinie, die den Alexanderplatz unter anderem über den Boulevard Unter den Linden mit dem Bahnhof Zoo Zoo verbindet, Gelenkbusse. Denn in Höhe des Bebelplatzes gilt seit Dezember 2021 ein Durchfahrverbot für Fahrzeuge über 16 Tonnen. Verhängt worden ist es von der Senatsmobilitätsverwaltung wegen des maroden Zustands der Reste des sogenannten Lindentunnels.
Der Berliner Fahrgastverband Igeb fordert nun von der Senatsmobilitätsverwaltung, endlich den Tunnel zu verfüllen. »Auch die Gelenkbusse dürfen nur mit einer Sondergenehmigung auf der Strecke eingesetzt werden. Wenn nicht bald gehandelt wird, könnte es sein, dass auch diese bald nicht mehr fahren dürfen«, sagt Igeb-Sprecher Jens Wieseke zu »nd«. Denn die aktuell von den Berliner Verkehrsbetrieben eingesetzten Gelenkbusse haben ein zulässiges Gesamtgewicht von 28 Tonnen. Das sind sogar zwei Tonnen mehr als die derzeit in Auslieferung befindlichen Doppeldecker des britischen Herstellers Alexander Dennis auf die Waage bringen dürfen.
»Gelenkbusse dürfen den Lindentunnel weiterhin überqueren, da sie wegen des größeren Achsabstandes eine bessere Gewichtsverteilung haben als die Doppeldecker«, begründete die Senatsmobilitätsverwaltung die Ausnahme im Dezember 2021 auf Anfrage von »nd«. »Am Lindentunnel wurde kürzlich eine lastverteilende Betonplatte aufgebracht, die eine Belastung mit bis zu 18 Tonnen ermöglicht«, hieß es weiter.
»Es ist ein eigentlich unverständlicher Vorgang, dass der Tunnel im Abschnitt unter der Fahrbahn nicht beim Bau der U-Bahn vom Alexanderplatz zum Hauptbahnhof verfüllt worden ist«, sagt Igeb-Mann Wieseke. Eine aktuelle Anfrage von »nd« an die Senatsmobilitätsverwaltung, ob eine Verfüllung des Lindentunnels vorgesehen ist, blieb leider unbeantwortet.
»Eine Verfüllung wäre ein einfacher zusätzlicher Auftrag für die BVG-Projektgesellschaft für die U5 gewesen. Bei einem für die U-Bahn gebauten Tunnel in der Dresdner Straße in Kreuzberg ist auch so verfahren worden«, so der Fahrgastvertreter weiter. 2015 ist der am Rande des Oranienplatzes gelegene Tunnel inklusive eines Bahnhofs, der rund 100 Jahre vorher erbaut worden war, mit einem Sand-Wasser-Gemisch verfüllt worden. Ursprünglich hätte hier die heutige U8 zwischen den Bahnhöfen Heinrich-Heine-Straße und Kottbusser Tor entlangführen sollen. Bei Wiederaufnahme der Bauarbeiten 1926 entschied man sich jedoch für eine Führung über den Moritzplatz. Eine U-Bahn fuhr nie in den Bahnhof ein. Grund war auch hier die mangelnde Tragfähigkeit der Tunneldecke.
Im Fall des Lindentunnels musste die Tram den Boulevard unterirdisch passieren, weil Kaiser Wilhelm II. 1901 weitere oberirdische Querungen untersagt hatte. Die Bauarbeiten für das insgesamt viergleisige Bauwerk starteten bereits nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914. Im Dezember 1916 wurde der Betrieb mit zwölf Straßenbahnlinien von drei Gesellschaften aufgenommen.
Bereits 1923 wurde der westlich der Staatsoper verlaufende Tunnelzweig zur Behrensstraße stillgelegt. Zu DDR-Zeiten wurde ein Teil als Schaltraum für die Kameraüberwachung im Zentrum genutzt. Zuletzt 1951 fuhren Straßenbahnen durch den Osttunnel, dessen Rampe zwischen Staatsoper und Prinzessinenpalais an die Oberfläche führte.
In der ehemaligen gemeinsamen Nordrampe am Bebelplatz ist seit 1995 das durch eine Glasplatte einsehbare Mahnmal für die Bücherverbrennung errichtet worden. Teile des Tunnels werden als Kulissenlager des Maxim-Gorki-Theaters genutzt.
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