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  • Serie "Memorial Hospital"

Postapokalyptische Überschwemmung

Die Serie »Memorial Hospital« rekonstruiert die dramatischen Ereignisse in einem Krankenhaus während des Hurrikans Katrina

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 4 Min.
Tragischer kann eine Entscheidung in der Not nicht sein: Wer darf leben?
Tragischer kann eine Entscheidung in der Not nicht sein: Wer darf leben?

Das Thema Triage spielte im Zuge der Corona-Pandemie in gesellschaftspolitischen Debatten zum Umgang mit dem Virus immer wieder eine wichtige Rolle. Hierzulande musste die Triage zum Glück aber kaum angewendet werden. Ganz anders war das während des Hurrikans Katrina, der 2005 mit voller Wucht die Südküste der USA traf und durch die nachfolgende Überflutung in weiten Teilen des Großraums New Orleans dramatische Zerstörungen anrichtete. Mehr als 1800 Menschen kamen dabei ums Leben, was unter anderem auch am krassen Versagen der Behörden lag.

Auch das Krankenhaus Memorial Medical Center wurde von der Flut eingeschlossen, die Stromversorgung brach zusammen, und in den fünf Tagen vom Beginn des Sturms bis zur Evakuierung der Klinik starben 45 Patienten. Der Verdacht stand im Raum, dass einige Patienten gar nicht evakuiert werden sollten und sogar gezielt vom Personal getötet wurden. Was passierte wirklich? Und wer traf welche Entscheidungen?

Die »New York Times«-Journalistin Sheri Fink schrieb 2009 darüber eine mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Reportage, aus der sie später auch ein Sachbuch machte, für das sie Hunderte Interviews mit Betroffenen führte. Nun hat Apple TV die Geschichte als achtteilige Serie mit dem Titel »Memorial Hospital – Die Tage nach Hurrikan Katrina« verfilmt.

Die Serie rekonstruiert die schrecklichen Ereignisse jener fünf Tage im September 2005 detailliert und sehr eindrücklich. Dabei wird gezeigt, unter welch unglaublicher, kaum zu ertragender Belastung die Mitarbeiter des Krankenhauses standen, die versuchten, die Patienten zu versorgen, während überall um sie herum und schließlich auch in der Klinik die basale Infrastruktur zusammenbrach.

Mit dem Strom fiel die Klimaanlage aus, sodass dort tropische Temperaturen herrschten. Als die Evakuierung schrittweise begann – per Helikopter, die auf dem bereits Jahre zuvor außer Dienst gestellten Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach aufsetzten –, mussten die Patienten über eine kleine Metall-Außentreppe nach oben getragen werden, da nach dem Stromausfall natürlich auch keine Fahrstühle mehr funktionierten. Trinkwasser und Essen wurden knapp, nachdem die Kellerräume mit den Vorratsmagazinen überflutet waren.

Neben den Patienten hatten wie schon bei früheren Hurrikans Hunderte Nachbarn Zuflucht im Krankenhaus gesucht. Nach der Überflutung versuchten noch mehr Menschen das rettende Krankenhaus zu erreichen, aber dort bewaffnete man sich schließlich und ließ niemanden mehr hinein.

Dabei spielte die rassistische Paranoia mehrerer weißer Mitarbeiter nach Aussagen des schwarzen Assistenzarztes Bryant King (Cornelius Smith Jr.) eine ganz entscheidende Rolle. Im Zentrum der Erzählung steht aber vor allem die leitende Chirurgin Anna Pou (Vera Farmiga), die zusammen mit zwei Krankenschwestern ein Jahr später wegen Mordes angeklagt wurde. Sie soll bis zu neun Menschen getötet haben. Ob sie das willentlich tat oder nicht, bleibt in der Serie bis zuletzt unklar, auch wenn es Indizien gibt, die deutlich dafür sprechen. Auch die nachfolgende Ermittlung wird in der Serie thematisiert.

Nachdem die Behörden das Krankenhauspersonal mit allen Entscheidungen alleingelassen hatten und sich auch die Betreiberfirma der Klinik um nichts kümmerte, lediglich vom Nachbarstaat aus ein paar Mails schrieb und telefonierte, solange überhaupt eine Verbindung bestand, wurde das Memorial Medical Center an einem bestimmten Punkt einfach von der Polizei geräumt. Wer nicht transportfähig war, sollte zurückgelassen werden. Ob genau diese Patienten, die sich auf einer vom Rest der Klinik unabhängigen Pflegestation befanden, nur medikamentös ruhiggestellt wurden oder wissentlich getötet, bleibt letztlich offen, wenngleich angedeutet wird, dass sie wahrscheinlich getötet wurden.

Die »New York Times« titelte damals »United States of Shame« und meinte damit den behördlichen und staatlichen Umgang mit der Katastrophe rund um den Hurrikan Katrina, nachdem Hunderttausende, vor allem ärmere Menschen in New Orleans einfach alleingelassen worden waren. Präsident George W. Bush wollte anfangs nicht einmal seinen Urlaub unterbrechen, als sich ein Teil des Bundesstaates Louisiana in ein postapokalyptisches Überschwemmungsgebiet verwandelte.

In einem Krankenhaus wie dem Memorial Medical Center eskalierte der Zustand derart, dass diese Tage zum reinen Albtraum wurden. Das setzt diese unter die Haut gehende Serie beeindruckend um, ohne irgendetwas von dem, was in dieser Ausnahmesituation geschah, zu entschuldigen. »Memorial Hospital – Die Tage nach Hurrikan Katrina«, das auch auf dokumentarisches Material zurückgreift, versucht der Komplexität der Ereignisse gerecht zu werden, was durchaus gelingt.

Verfügbar auf Apple TV

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