Antimilitaristisch campen

Protestwoche gegen Rüstungskonzerne in Kassel geplant

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

In den letzten Wochen ging es um die Documenta und mehrere als antisemitisch bezeichnete Kunstwerke, wenn von Kassel die Rede war. Doch in den nächsten Tagen könnte die nordhessische Stadt für eine Woche zum Zentrum von antimilitaristischen Protesten werden. »Bald ist’s soweit: Wir schlagen unsere Zelte in der Rüstungsstadt Kassel auf, um gegen Krieg und Militarisierung Widerstand zu leisten«, twitterte ein Aktivist des Bündnisses Rheinmetall Entwaffnen. Es organisiert vom 30. August bis 4. September ein antimilitaristisches Camp, das am Goetheplatz in der Nähe des S-Bahnhofs Kassel-Wilhelmshöhe sein Domizil finden soll. Die thematische Spannbreite des Programms ist groß. Es geht um die Entwicklung in der selbstverwalteten kurdischen Stadt Rojava ebenso wie um die Kooperation von Klima- und Antimilitarismusbewegung. Viele Veranstaltungen drehen sich auch um die Verbindung von Patriarchat, Krieg und Militär.

»Unsere Antwort auf Krieg und Patriarchat ist Aufwiegelung und Verrat«, heißt es in einem Aufruf der autonom-feministischen Organisierung im Bündnis Rheinmetall Entwaffnen. Das Bündnis organisiert seit mehreren Jahren antimilitaristische Camps und Aktionstage, bei denen die Rüstungskonzerne direkt in den Fokus der theoretischen und praktischen Kritik geraten. Zweimal fanden die Proteste im niedersächsischen Unterlüß statt, wo Rheinmetall seinen Sitz hat. Im letzten Jahr statteten die Antimilitaristinnen dem Konzern Heckler & Koch in Oberndorf am Neckar einen Besuch ab und organisierten dort ein Tribunal. Kassel war bereits 2020 das Ziel eines antimilitaristischen Aktionstages von Rheinmetall Entwaffnen. Damals gab es auch Blockaden vor verschiedenen Rüstungskonzernen, die sich in der nordhessischen Stadt angesiedelt haben.

Auch in den nächsten Tagen soll es neben dem umfangreichen Bildungsprogramm und den Workshops vielfältige Aktionen des zivilen Ungehorsams geben. Sie werden allerdings nicht vorher angekündigt. Da gibt es Parallelen zum Systems-Change-Camp des linken Flügels der Klimabewegung, das Anfang August in Hamburg stattgefunden hatte. Einige Teilnehmerinnen wollen an beiden Camps teilnehmen, weil für sie der Kampf gegen den Klimawandel und gegen den Militarismus zusammengehören. Beide Camps werden auch von Gruppen der außerparlamentarischen Linken organisiert, die für eine solidarische Umgestaltung der Gesellschaft eintreten.

Das Bündnis Rheinmetall Entwaffnen thematisiert seit der Gründung den Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Militarismus. So gehörten die Proteste gegen die Jahreshauptversammlungen von Rüstungskonzernen wie Rheinmetall zu den spektakulären Aktionen. Seit der Corona-Pandemie wurden die Hauptversammlungen nur noch digital abgehalten, was den Antimilitaristinnen die Proteste erschwerte. Doch die alljährlichen Camps und Aktionstage sind mittlerweile ein fester Termin im antimilitaristischen Kalender. Das hat sich auch durch den russischen Krieg in der Ukraine nicht geändert.

»Wir stehen auf Seiten derer, die gegen jeden Krieg und Aufrüstung auf allen Seiten sind«, bringt ein Aktivist die Position des Bündnisses zum Ausdruck. Er verweist darauf, dass mit dem Ukraine-Krieg die Aktien der Rüstungskonzerne auch in Deutschland in die Höhe geschnellt sind. Die Aktivistinnen sehen sich in der Tradition einer antimilitaristischen Linken, die bereits im Ersten Weltkrieg jede Beteiligung an einem Krieg zwischen kapitalistischen Staaten abgelehnt hat. Auch darüber soll auf dem Camp diskutiert werden.

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