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Ein fatales Signal
Auch innerhalb der Ampelparteien wächst der Unmut über die Gasumlage
Verluste der Gesellschaft aufbürden, von Gewinnen aber möglichst wenig abgeben – dieses Spiel kennt man von Konzernen und ihren Komplizen in der Politik zur Genüge. Selten allerdings ist diese Ungerechtigkeit für die Bürger*innen so unmittelbar greifbar wie in der aktuellen Energiekrise. Auf der einen Seite werden die Gaskund*innen staatlich verordnet nicht zu knapp zur Kasse gebeten, um Großkonzerne und deren Eigentümer vom unternehmerischen Risiko der Mehrkosten für die Gasbeschaffung zu entheben.
Besonders in der Kritik dabei: Auch Unternehmen, die nicht in einer wirtschaftlichen Notlage sind, können die Gasumlage in Anspruch nehmen. Und auch wenn tatsächlich »nur ein kleiner Teil der Umlage an Unternehmen« geht, »die das nicht wirklich benötigen, um eine Insolvenz abzuwenden«, wie Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur via »Neue Osnabrücker Zeitung« klarstellt – allein dass die Möglichkeit dazu besteht, ist ein fatales Signal.
Auf der anderen Seite sieht sich der gleiche Staat absolut nicht in der Lage, Krisenprofite abzuschöpfen. Gepaart mit dem kleinlichen Feilschen und zögerlichen Handeln bei den Entlastungen für die Bürger*innen ist das Agieren der Ampel-Koalition derzeit mehr als dazu geeignet, in der Bevölkerung Unmut zu schüren. Beispiel Rentner*innen: An denen ging bereits die Energiepauschale vorbei, und auch beim dritten Entlastungspaket drohen sie nach dem Willen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) außen vor zu bleiben. »Warum sie nach einem Leben voller Arbeit nun leer ausgehen, verstehen sie nicht, und das macht sie zunehmend wütend. Mit jeder Woche, in der nichts passiert, wächst diese Wut«, erklärte dazu in dieser Woche die Präsidentin des größten deutschen Sozialverbands VdK. Des Bundeskanzlers Olaf Scholz’ Versicherung »You’ll never walk alone« wird da zusehends zur Farce.
Zweifel und Kritik am Konstrukt der Gasumlage keimt angesichts der anhaltenden Diskussion auch vermehrt in der Ampel-Koalition auf – von moderat bis sehr deutlich. So spricht sich der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, in der »Rheinischen Post« für strengere Voraussetzungen für Unternehmen aus, die von der Umlage profitieren wollen. »Es sollten damit ausschließlich Unternehmen unterstützt werden, die sich in einer marktgefährdenden Schieflage befinden«, so Kruse. »Minister Habeck wäre gut beraten, an dieser Stelle nachzuschärfen und die Grundlage für die Umlage anzupassen.« Gleichzeitig verteidigt Kruse die Gasumlage an sich: »Ohne die Umlage wäre die gesamte Gasversorgung in Deutschland gefährdet, viele regionale Gasversorger stünden ohne die Umlage vor kaum überwindbaren finanziellen Schwierigkeiten und Versorgungsengpässen.«
Ähnlich äußerte sich SPD-Vorsitzende Saskia Eseken ebenfalls in der »Rheinischen Post«. Bei einem Kollaps fielen auch Versorger wie zum Beispiel Stadtwerke aus, mit fatalen Folgen für die Energieversorgung. »Um die Lasten fair zu verteilen, führen wir eine Gasumlage ein. Konzerne, die in anderen Sparten mehr als gutes Geld verdienen, können und müssen sich aber selbst helfen«, so Esken.
Bei den Grünen ist es wiederum die eigene Jugendorganisation, die vor allem den grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ins Visier nimmt. »Die Regierung sollte das Wohl der Menschen und nicht das Recht auf Gewinne in den Mittelpunkt stellen«, erklärte die Bundessprecherin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich, gegenüber dem »Spiegel«. »Die Gasumlage war von Anfang an der falsche Weg.« Es könne nicht sein, dass die Gesellschaft Verluste tragen solle, während viele Unternehmen Übergewinne gemacht hätten. »Das kann man den Menschen, die nicht wissen, wie sie durch den Winter kommen sollen, überhaupt nicht erklären«, so Heinrich. Sie fordert die Einführung einer Übergewinnsteuer und eines Gaspreisdeckels.
Auch aus der Opposition hält die Kritik an der Gasumlage weiter an. Lorenz Gösta Beutin, stellvertretender Vorsitzender der Linkspartei, forderte erneut, diese abzuschaffen. Die Gasumlage sei »in Zeiten explodierender Preise eine Maßnahme, die vor allem einkommensschwache Haushalte hart trifft«, so Beutin. »Bei immer mehr Menschen geht es längst um die soziale Existenz. Deshalb braucht es jetzt sofort einen Deckel für die Energiepreise, wie es andere europäische Staaten vormachen und wie es die Europäische Kommission empfiehlt.«
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