Buttermilch und Rinderbraten für 3000 Menschen

Vivantes nimmt in Reinickendorf größtes Verteilzentrum für Krankenhausessen in Betrieb

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 2 Min.
Ein Ziehen an der roten Schnur, die Tür geht auf, und dahinter wird es kalt. Aufeinander gestapelte Paprikaschoten, Würste und Milchreisbecher wollen vakuumverpackt bei 3 Grad Celsius wohl gekühlt sein. Auch in diesem Raum hängt eine rote Schnur von der Decke, mit der die Tür eines weiteren Raums geöffnet wird. Dort sortieren zwei Frauen mit weißen Kopfhauben, Mundschutz und in Thermojacken Salatblätter in Boxen - immerhin bei 10 Grad, doch hinter der nächsten Tür wird es wieder kälter. Was ein wenig an eine Lebensmittelforschungsanstalt erinnert, ist das größte Krankenhaus-Speiseverteilzentrum Deutschlands, das der Klinikkonzern Vivantes in Reinickendorf in Betrieb nahm. Zur Zeit läuft noch der Probebetrieb, ab Oktober werden von hier aus 2000 Patienten, 600 Senioren und 400 Mitarbeiter in acht Kliniken und Heimen mit Essen beliefert. In das 2500 Quadratmeter große Gebäude hat Vivantes 3,4 Millionen Euro investiert. Ein zweites, das die restlichen fünf Krankenhäuser und acht Heime versorgen wird, ist für das Frühjahr 2009 geplant. Die zentrale Essensvergabe soll auch Geld einsparen, vornehmlich durch Stellenstreichungen in den dann zu schließenden Krankenhausküchen. Die von verschiedenen Lieferanten in ganz Deutschland bezogenen Fertigprodukte werden auf dem Gelände der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik nach den Bestellungen der Patienten vom Vortag am Laufband portioniert. »Ich stehe hier von 11 bis 14 Uhr«, sagt Dagmar Dunkel, die nach Anweisungen ihrer Kollegin Joghurt und Buttermilch für das nächste Abendbrot in die einzelnen Klinikboxen verteilt. Die Tabletts mit dem Mittagessen kommen in kombinierte Kühl- und Heizwagen, welche per gekühltem Transporter in die Vivanteshäuser gefahren werden. Dort gart die Mahlzeit automatisch 45 Minuten lang zu Ende, bevor sie serviert wird. »Dadurch kommt das Essen auf jeden Fall heiß beim Patienten an und muss nicht lange warmgehalten werden«, sagte Ernst Brugger, Geschäftsführer für die Speiseversorgung bei Vivantes, gestern bei der Vorstellung der Anlage. »Die Speisen sind damit auch vitamin- und mineralreicher«, so Brugger weiter. Die Spülküche ist der letzte Raum. Drei Männer trocknen Gabeln ab. »Das kann schon so zwei Stunden dauern. Ein paar Dinge müssen wir noch von Menschenhand machen«, meinte Brugger, denn nicht einmal Wasserflecken dürfen noch zu sehen sein. Das würde der Patient als schmutzig ansehen. Keine besonders abwechslungsreiche Arbeit für die Männer, aber immerhin ist es hier wieder warm. Gestern wurde übrigens Rinderbraten mit Rotkohl, Klößen und Soße serviert. Sah zwar irgendwie nach Schulessen aus, hat aber durchaus gut geschmeckt.

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