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Rassistischer Albtraum

Der Netflix-Film »End of the Road« erzählt von einer nicht-weißen Familie, die auf einem Roadtrip durch die USA gegen mörderischen Rassismus kämpft

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 4 Min.
Queen Latifah als Brenda im Netflix-Film »End of the Road«
Queen Latifah als Brenda im Netflix-Film »End of the Road«

Die Ausgangssituation des Films »End of the Road« ist ziemlich nah dran an den aktuellen gesellschaftspolitischen Debatten und den sozialen Sorgen vieler Menschen. Im Zentrum des 90-minütigen, ziemlich rasant erzählten, von Netflix produzierten Thrillers steht die Familie Freeman aus Los Angeles. Nach dem Tod des Vaters kann Mutter Brenda (Queen Latifah), die als Krankenschwester in der Notaufnahme einer Klinik arbeitet, das Haus nicht mehr bezahlen. Das Leben in der Metropole Los Angeles wird für die Familie mit nur einem Einkommen schlicht zu teuer. Also beschließt die Mutter, mit ihren beiden Kindern, der Heranwachsenden Kelly (Mychala Lee) und dem Jungen Cam (Shaun Dixon) sowie mit ihrem Bruder Reggie (Chris »Ludacris« Bridges) zurück zu ihrer Mutter nach Houston in Texas zu ziehen. Die Freemans stehen mit dem Rücken zur Wand. Sobald Brenda einkaufen geht, wartet sie jedes Mal an der Kasse voller Sorge ab, ob ihre Kreditkarte überhaupt noch funktioniert. Die Familie muss aber nicht nur mit ihrer prekären sozialen Situation, sondern auch mit dem Verlust des Vaters zurechtkommen. Die Kinder wollen keinesfalls nach Texas umziehen, Spannungen sind vorprogrammiert. So dramatisch die Lage der Familie ist, ihr Roadtrip von Kalifornien über Arizona nach Texas wird für die vier zum absoluten Albtraum.

Denn ihren Umzug nach Texas macht die Familie Freeman lediglich mit ein wenig Gepäck im Pkw. Nach stundenlangen Autofahrten über die Highways, Pausen in abgeranzten Diners und einsamen Tankstellen zwingt sie eine Baustelle schließlich einen Umweg zu machen, womit das Drama seinen Lauf nimmt. Abseits der Autobahn, auf der Straße durch das amerikanische ländliche Nirgendwo des Südens ist die schwarze Familie Freeman plötzlich einer rassistischen Anfeindung nach der anderen ausgesetzt. Das reicht von Einschüchterungen beim Tanken bis hin zu offenen Morddrohungen durch weiße bewaffnete Rassisten, die mit ihrem Pick-up die Familie regelrecht jagen. Wie im ländlichen Süden der USA People of Color immer noch um ihr Leben fürchten und bei Auseinandersetzungen klein beigeben müssen, inszeniert Regisseurin Millicent Shelton recht drastisch. Das alles ist schon beängstigend, erlebt aber mit fortlaufender Handlung noch eine weitere Eskalation. Als die Familie in einem Motel absteigt, werden sie nachts von Lärm aus dem Zimmer nebenan geweckt, wo ein Kampf stattzufinden scheint. Plötzlich fällt ein Schuss. Die Notfallkrankenschwester Brenda versucht noch zu helfen, aber zu spät.

Am nächsten Morgen werden die Freemans von der Polizei als Zeugen verhört, dann fahren sie weiter, um möglichst schnell an ihr Ziel in Texas zu kommen. Nur stellt sich plötzlich heraus, dass Brendas Bruder Reggie, ein sympathischer, aber etwas chaotischer Kerl, den Rapper Ludacris mit Hingabe spielt, eine Tasche mit Unmengen Bargeld aus dem Motelzimmer nebenan hat mitgehen lassen. Bald wird klar, dass das Geld dem mexikanischen Sinaloa-Kartell gehört und von einem geheimnisvollen Mr. Cross in Arizona wiederbeschafft werden soll. Um Druck auf Brenda und ihren Bruder auszuüben, entführt die Drogenmafia schließlich ihren Sohn Cam. Der überaus freundliche örtliche Polizeichef (Beau Bridges) wird zur vermeintlich letzten Unterstützung für die Familie, während Brenda immer tiefer in die ländliche Pampa hineinfährt und verzweifelt versucht, die unterwegs verloren gegangene Geldtasche wieder aufzutreiben. Irgendwann steht sie sogar einer ganzen Horde Redneck-Nazis mit jeder Menge tätowierter SS-Runen und Hakenkreuzen in einem Trailerpark mitten in der Wüste gegenüber und kämpft mit aller Macht für die Unversehrtheit ihrer Familie. Aber die Lage wird immer aussichtsloser.

»End of the Road« wartet nicht gerade mit einem komplexen Plot auf, sondern ist eher ein flott gemachter Thriller mit einem eindeutig empowernden politischen Anspruch, der aber vor allem auch die Familie Freeman in Szene setzt und ein Stück schwarzer amerikanischer Alltagsgeschichte erzählt. Die Freemans sind eine humorvolle, sympathische Truppe, die ihre Scherze über latenten Rassismus und Hip-Hop macht, der spannungsgeladenen Situation geschuldet, aber auch eifrig miteinander streiten. Wobei dieser Film als Sozialdrama zu eindimensional geraten ist und etwas zu glatt wirkt. Regisseurin Millicent Shelton drehte in den 1990er Jahren viele Musikvideos, unter anderem für R. Kelly und Salt-N-Pepa und zeichnet auch für Folgen von »The Walking Dead«, »My Name is Earl« und andere namhafte TV-Produktionen verantwortlich. »End of the Road« ist mitunter fast etwas überstilisiert in zu satte Farben getaucht. Die finale Eskalation in der nächtlichen Wüste, deren Himmel manchmal lila und rosa leuchtet, wirkt wie die Fahrt durch eine Geisterbahn, durch die sich die Protagonisten kämpfen müssen, um am Ende gegen die Rassisten zu bestehen und ihre Reise fortsetzen zu können.

»End of the Road« auf Netflix

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