Die Kohle außer Kraft setzen

Aktivisten blockieren Jänschwalder Kraftwerk und protestieren gegen längere Laufzeiten

  • Clara Thompson, Jänschwalde
  • Lesedauer: 3 Min.

Zehn Personen sind am frühen Morgen direkt am Erlebnispark »Teichland« in der Nähe des Kraftwerks Jänschwalde auf den Schienen: Eine Person kettet ihren Rollstuhl an die Gleise, eine andere befindet sich mithilfe einer Art Fass in einem »Lock-on«. Auf dem Fass ist die Aufschrift zu erkennen: »Verlängerte Laufzeiten? Unfassbar«.

Derweil waren 40 Klimaktivist*innen der Gruppe »Unfreiwillige Feuerwehr« gegen fünf Uhr in das Kohlekraftwerk Jänschwalde eingedrungen. Unter anderem hatten sich Aktivist*innen an Förderbändern festgekettet, wie ein Sprecher der Polizei Cottbus bestätigt. Zwei andere Gruppen unterbrachen inzwischen die Gleisverbindungen zwischen dem Tagebau Jänschwalde und dem Kraftwerk mit technischen Blockaden. In den Tagebau selbst drangen die Demonstrant*innen laut Polizeisprecher nicht ein.

Es ist eine spontane, aber wirksame Aktion an diesem Montagmorgen, mit der die Gruppe das sofortige Abschalten des Kohlekraftwerks sowie den Ausbau von erneuerbaren Energien fordert.

Eigentlich sollte das Kraftwerk Jänschwalde im Mai seinen Betrieb einstellen. Doch derzeit werden in der Anlage rund 15 Kilometer nördlich von Cottbus zusätzlich zu den vier aktiv betriebenen Kraftwerksblöcken zwei Reserveblöcke reaktiviert. Sie sollen am 1. Oktober wieder ans Netz gehen, um für mehr Energiesicherheit zu sorgen. Im März hatte das Verwaltungsgericht Cottbus entschieden, dass der Tagebau Jänschwalde seinen Betrieb einstellen muss: Die Trinkwasserversorgung der Region sei gefährdet, weil immer wieder zu viel Wasser für den Tagebau abgepumpt worden sei, hieß es. Die Grüne Liga befürchtet, dass bei einer Reaktivierung der beiden Kraftwerksblöcke E und F jährlich zusätzlich 13 Millionen Kubikmeter Wasser aus der Spree entnommen werden müssten, wodurch die Trinkwasserversorgung von zwei Millionen Menschen in der Region gefährdet wäre.

Nach Recherchen des RBB wäre der Wasserverbrauch sogar noch viel höher und würde bei 25 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr liegen. Wenn die Blöcke E und F wieder ans Netz gingen, stiege zudem der CO2-Ausstoß um sieben Millionen Tonnen im Jahr. Das ist in etwa doppelt so viel wie der CO2-Ausstoß aller privaten Haushalte und des Gewerbes in Brandenburg. »Statt den Ausbau erneuerbarer Energien schnellstens voranzutreiben und unseren Energiekonsum zu verringern, hängt das Kraftwerk weiter am Netz«, kritisieren die Aktivist*innen.

Die Betreiberin des Kohlekraftwerks Jänschwalde, die Leag, lässt keine Journalist*innen auf das Gelände, um die Räumung der Aktivist*innen auf dem Fließband zu begleiten. Ein Sprecher der Leag erklärt, dass zwei Blöcke durch die Aktion komplett vom Netz genommen werden mussten. Damit sei die Hälfte des Kraftwerks nicht im Betrieb, was wiederum eine Reduzierung um ein Gigawatt bedeute. »Dieser Strom fehlt in der Versorgung«, sagte der Sprecher.

Auch Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) formuliert scharfe Kritik an der Aktion: »Wer für seine Weltanschauung absichtlich andere in Gefahr bringt, ist kein Aktivist, sondern ein Verbrecher.« Den »Klimaextremisten« müsse das Handwerk gelegt werden, sagte er und forderte »empfindliche Strafen«. Stübgen sprach auch von zunehmenden Angriffen auf die Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur. Dies seien keine Kavaliersdelikte, sondern kriminelle Handlungen, bei denen die Gefährdung von Leib und Leben Unbeteiligter bewusst in Kauf genommen werde. »Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Das gilt auch beim Klima.«

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