• Berlin
  • Absenkung des Wahlalters

Wahlalter 16 steht auf der Kippe

Wahlwiederholung könnte Koalitionsprojekt verhindern

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Geht es nach dem Willen von Rot-Grün-Rot in Berlin, so soll ein zentrales Wahlversprechen der Koalition noch vor der höchstwahrscheinlichen Komplettwiederholung der Abgeordnetenhauswahlen in spätestens vier Monaten umgesetzt werden: die Absenkung des Wahlalters bei Wahlen zum Berliner Landesparlament von derzeit 18 auf 16 Jahre. Am Freitag erklärten die drei Fraktionen der Regierungskoalition nachdrücklich, »am bestehenden Zeitplan zur Umsetzung festhalten« zu wollen, damit die Neuregelung zum 1. Januar 2024 in Kraft treten könne. Man hoffe »dabei weiterhin auf die Unterstützung durch andere Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses«, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme. Allein, genau diese Unterstützung wackelt derzeit – womit die Umsetzung des Vorhabens zumindest massiv verzögert werden könnte.

Dabei schien das Projekt vor kurzem noch in Sack und Tüten: Nötig für eine Absenkung des Wahlalters ist eine Änderung der Landesverfassung mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Abgeordnetenhaus, weshalb Rot-Grün-Rot auf die Stimmen der oppositionellen FDP-Fraktion angewiesen ist, die schon im April erklärte, mit an Bord zu sein. »Wir glauben, dass das auch ein Ausdruck von gesellschaftlichem Fortschritt ist und eine Frage der Generationsgerechtigkeit«, hatte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja seinerzeit erklärt. Nun treten die Liberalen jedoch auf die Bremse. Zur Begründung heißt es, dass man erst einmal das Urteil des Landesverfassungsgerichts zur Wiederholung der Wahlen abwarten will.

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links
nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik - aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin - ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Die Entscheidung der Richter ist für den 16. November angekündigt – rein theoretisch wäre also auch im Anschluss noch ausreichend Zeit, um eine entsprechende Verfassungsänderung zu beschließen. Doch praktisch könnte das schwierig werden. So rechnet Berlins neuer Landeswahlleiter Stephan Bröchler damit, dass die Entscheidung der Richter für eine Wahlwiederholung unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeit von Senat und Abgeordnetenhaus haben dürfte. »Ich denke, dass es dann Zurückhaltung geben wird und keine politischen Grundsatzentscheidungen mehr gefällt werden«, erklärte Bröchler am Freitag. Als konkretes Beispiel für solche Grundsatzentscheidungen nannte er die Verfassungsänderung, wie sie für die Senkung des Wahlalters auf Landesebene eben nötig ist. Das Projekt wäre vorerst vom Tisch, die Wiedervorlage in einem neu zusammengesetzten Abgeordnetenhaus hinge wiederum von den Mehrheitsverhältnissen ab.

Der Landesjugendring Berlin befürchtet deshalb, dass das Vorhaben damit vollends unter die Räder kommt. »Es ist eine Jetzt-oder-nie-Situation«, sagt Landesjugendring-Chefin Ramona Hinkelmann. Ihre Befürchtung: »Nach der Wiederholungswahl wird es wohl keine Zwei-Drittel-Mehrheit für die Wahlalterabsenkung im Abgeordnetenhaus mehr geben.«

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.