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Vermisst: »Bekanntere Persönlichkeiten«
Linke in Niedersachsen will nach schlechtem Wahlergebnis die Abhängigkeit vom Bundestrend vermindern
Als »bittere Niederlage« bezeichnet der Landesvorstand den Ausgang der Landtagswahl in Niedersachsen für Die Linke in einem am Wochenende beschlossenen Auswertungspapier. Darin heißt es unter anderem, sowohl die Auseinandersetzungen innerhalb der Linkspartei auf Bundesebene als auch eigene Schwächen seien Gründe für die Niederlage. Angesichts dessen müsse künftig die »Abhängigkeit vom Bundestrend durch politische und strukturelle Stärkung des Landesverbandes vermindert werden«.
Der Streit auf Bundesebene habe auch bei vielen Wählerinnen und Wählern zu der Außenwahrnehmung geführt, Die Linke sei vor allem mit sich selbst beschäftigt, konstatiert der Landesvorstand. Aber das sei nur einer der Gründe für das schlechte Abschneiden der Partei in Niedersachsen. Der alleinige Verweis nach Berlin sei daher nicht ausreichend, da die aktuelle Wahlniederlage verschiedene Ursachen gehabt habe. »Allem voran ist hier der Zustand der Landespartei objektiv zu beleuchten«, fordert das Vorstandspapier. Besonders seien die Struktur sowie die personelle und materiell-technische Ausstattung des Landesverbandes und seiner Kreisverbände selbstkritisch zu betrachten.
Derzeit bereitet der Landesvorstand eine Wahlanalyse für den Parteitag vor, der am 12. November in Oldenburg stattfindet. Zudem sollen bei diesem Termin Vorschläge für die Arbeit der nächsten Monate vorgestellt, diskutiert und beschlossen werden.
Mit Analysen des Wahlergebnisses in Niedersachsen haben sich auch engagierte Mitglieder befasst. So unter anderem Thomas Goes, der als Direktkandidat im Wahlkreis Göttingen-Stadt immerhin 7,3 Prozent der Erststimmen holte. Er meint in einem auf Facebook veröffentlichten Beitrag, das im Endeffekt für die Partei schlechte Wahlergebnis sei nur »die Spitze des Eisberges«, und gibt zu bedenken: Insgesamt sei die Linke kaum gesellschaftlich verankert; Ausnahmen bestätigten die Regel. Es fehle der Partei an bekannteren Persönlichkeiten im Landesverband, einem erkennbaren landespolitischen Profil, an Wissen und fachpolitischen Kompetenzen. Nicht zuletzt, so Goes, fehle es auch an einer Nichtwähler*innen-Strategie, die der Landesvorstand in den vergangenen zwei bis drei Jahren hätte entwickeln müssen.
Thomas Goes hebt hervor: Zu einer Strategie, die die Nichtwählerschaft im Visier hat, müsse gehören, dass die Partei Probleme aufzeige, aber auch klar benenne, »wie wir sie lösen wollen«. »Wir müssen in die Viertel und an die Haustüren, um mit den Menschen zu sprechen; wir müssen zuhören und herausfinden, wie wir das Leben besser machen können«, unterstreicht Goes mit Blick in die Zukunft.
Gedanken über die Lage der Linken in Niedersachsen hat sich auch Daphne Weber gemacht, Vorstandsmitglied der Partei auf Bundesebene, selbst in Niedersachsen zu Hause. Sie denkt an eine Strukturreform im Landesverband. Sie kenne kaum einen anderen Landesverband, in dem die Landesgeschäftsstelle so prekär ausgestattet sei und wo so wenig organische Kommunikation und Arbeitsabläufe zwischen Landesgeschäftsstelle und Büros von Linke-Bundestagsabgeordneten bestünden wie in Niedersachsen, kritisiert Weber auf Facebook.
Es brauche langfristige Planung, die es der Partei innerhalb der nächsten fünf Jahre ermögliche, geschlossen mit einem geschärften landespolitischen Profil und mit vereinten Kräften auf die landespolitische Bühne zurückzukehren, betont das Vorstandsmitglied.
So eine langfristige Planung verlange eine politische Führung innerhalb des Landesverbandes, die an einem Strang ziehe und den gemeinsamen Erfolg über Einzelinteressen stelle, mahnt Daphne Weber, und: »Die Selbstblockaden, die aus jahrelanger, beinahe jahrzehntelanger Machtpolitik resultieren und den Landesverband schwächen, müssen positiv nach vorne aufgelöst werden.« Geschehen könne das unter anderem mit einem arbeitsfähigen und starken Landesvorstand, »in dem kluge Köpfe und Macher*innen aller politischen Richtungen und Generationen sitzen«.
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