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Baerbock lehnt »Diktatfrieden« ab
Auf Konferenz in Berlin forderten forderten die meisten Beteiligten Russland zum Abzug aus der Ukraine auf
»Der Preis des Friedens« lautete das Motto des diesjährigen Berliner Forums Außenpolitik, und für viele Rednerinnen war offenkundig, worin dieser bestehe: Der Westen müsse fest zusammenstehen, Europa eine gemeinsame Sicherheitspolitik und »Investitionen« ins Militär verfolgen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihr estnischer Amtskollege Urmas Reinsalu eröffneten die von der Körber-Stiftung organisierte Veranstaltung am Dienstagmorgen in Berlin.
Die Bundesaußenministerin schlug in ihrer Rede einen kämpferischen Ton an und unterstrich den Zusammenhalt mit den osteuropäischen und baltischen Nato-Mitgliedern. Es könne »nicht um Sicherheit mit Putins Russland, sondern um Sicherheit vor Putins Russland gehen«, so Baerbock. Den Überfall auf die Ukraine ordnete Baerbock klar als Angriff auf ganz Europa ein und unterstrich: »Die Ukraine verteidigt in ihrem Überlebenskampf auch die europäische Freiheit.« Wie die meisten Beteiligten sieht die Ministerin die Verantwortung für die Lösung des Konflikts klar bei Russland. Aufforderungen zur Verhandlungsaufnahme an die Ukraine bewertet Baerbock kritisch: Diese »naive Haltung« sei schon 2014 nach der Annexion der Krim gescheitert, so die Ministerin, die klarstellte: »Ein Diktatfrieden ist kein Frieden für die Menschen in der Ostukraine.«
Estlands Außenminister Reinsalu lobte den Kurswechsel in der deutschen Außen- und Verteidigungspolitik unter der Regierung von Kanzler Olaf Scholz: Man wisse, dass man sich auf Deutschland verlassen könne. Die Frage sei aber, ob sich auch die Ukraine auf den Westen als Ganzes verlassen könne. Reinsalu begrüßte den Beschluss der Bundesregierung für weitere Waffenlieferungen. »Ich beglückwünsche Deutschland für die jüngste Entscheidung, Luftverteidigungssysteme zu liefern«, unterstrich er in Gegenwart Baerbocks. Seiner Ansicht nach darf es »keine Rückkehr zum Tagesgeschäft mit dem Putin-Regime« geben.
Viele Redner*innen auf der Veranstaltung äußerten Kritik an der Russland-Politik der Nato und der EU der vergangenen Jahre. Die ehemalige norwegische Außenministerin Ine Eriksen Søreide kritisierte, es habe »sehr viel Wunschdenken« gegenüber Russland gegeben. Die mangelhafte westliche Reaktion auf den Konflikt in Georgien und auf die Annexion der Krim sei in Moskau als Akzeptanz missverstanden worden.
Der lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks ging expliziter auf die veränderte Rolle Deutschlands ein. »Ich bin davon überzeugt, dass sich die deutsche Gesellschaft langsam verändert, und zwar in die richtige Richtung«, sagte Pabriks und warb für die Sichtweise der baltischen Staaten, auch wenn die wirtschaftlichen Auswirkungen des Konflikts schmerzhaft sein könnten: »Für uns ist die russische Bedrohung eine fundamentale Frage der Existenz.« In Westeuropa sei der »Linkspopulismus genauso gefährlich wie Rechtspopulismus«, weil beide eine Wiederannäherung an Russland anstrebten.
Selbstkritische Stimmen zur Rolle des Westens waren bei der Konferenz nur ganz am Rande zu vernehmen. Die ehemalige spanische Außenministerin Arancha González Laya gab zu bedenken, sie »glaube ich nicht an eine Welt, in der der Westen dem Rest der Welt gegenübersteht«. Die Europäische Union müsse »dem Multilateralismus gegenüber aufgeschlossen bleiben«, so González Laya. Nichtsdestotrotz müsse Europa eine »verantwortliche und respektierte globale Macht bleiben«. Hierzu seien Investitionen in Sicherheit, Verteidigung und Industriekapazitäten notwendig, wobei die Staaten gemeinsam vorgehen sollten.
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