Natur gegen Maschine

Der alpine Saisonstart wird von der Kritik an Skirennen im Oktober und am Weltverband geprägt

  • Elisabeth Schlammerl, Sölden
  • Lesedauer: 4 Min.
Massive Probleme überlagern den Saisonstart in Sölden.
Massive Probleme überlagern den Saisonstart in Sölden.

Zuerst hat Alexander Schmid nicht gewusst, was er davon halten soll. Von seiner Fahrt am Sonntag im zweiten Durchgang des Riesenslaloms in Sölden. Mit dem alpinen Weltcup-Auftakt hatte der Allgäuer in den vergangenen Jahren immer seine liebe Mühe gehabt. Es dauerte deshalb auch am Sonntag ein bisschen, ehe Schmid wusste, dass es ein ganz guter Start in die Saison werden würde. Der achte Platz sprang am Ende beim Sieg des Schweizers Marco Odermatt heraus, so weit vorne war er auf dem Rettenbachferner noch nie gelandet.

Die Tage von Sölden gingen doch noch mit großem Sport zu Ende, nachdem sie vor dem Männer-Riesenslalom geprägt waren von Diskussionen über Sinn und Unsinn von Skirennen im Oktober, von Absagen und einem Zwist, der immer weitere Kreise zieht und kein gutes Licht auf den alpinen Weltcup und das Binnenklima im Internationalen Skiverband Fis wirft. Zuerst hatten die Regen- und Schneefälle in der Nacht eine Austragung des Frauen-Riesenslaloms verhindert, ein paar Stunden später mussten die beiden für das kommende Wochenende geplanten Männer-Abfahrten in Zermatt/Cervina wegen zu wenig Schnee abgesagt werden.

Fis-Renndirektor Markus Waldner positionierte sich eindeutig. »Die Natur hat die Maschine gestoppt«, sagte der Südtiroler auf der Mannschaftsführersitzung am Samstagabend. »Aber das war nicht nur Pech, sondern es wurden Fehler im Programm gemacht.« Bei der Ansetzung einer Abfahrt Ende Oktober, meinte er damit. Weil es nicht ungewöhnlich ist, dass zu diesem Zeitpunkt noch zu hohe Temperaturen herrschen, um zu beschneien. »Wir müssen die Natur respektieren«, sagte er.

Der Applaus der meisten Nationen dürfte ihm sicher gewesen sein, die des Fis-Präsidenten Johan Eliasch vermutlich eher nicht. Denn die neu konstruierte Schussfahrt, die erste auf einem Gletscher und die erste länderübergreifende, ist ein Prestigeprojekt von Eliasch. Der Renndirektor stellte sich also gegen seinen Chef, der noch einen Tag zuvor die Abfahrt und erst recht den von vielen Athleten und Trainern kritisierten frühen Termin verteidigt hatte. Man müsse die Lücke im Kalender zwischen dem Auftakt in Sölden und den auch erst im vergangenen Jahr ins Programm genommenen Parallelrennen in Lech Mitte November schließen, hatte er beim Forum Alpinum am Freitag gesagt.

Nun muss man wissen, dass dies eine Fis-Veranstaltung war, mit einem vom Ski-Weltverband bestellten und finanzierten Moderator. Der hatte dort im Gespräch mit Eliasch zwar alle gerade heiß diskutierten Themen angerissen, aber natürlich gab es keine kritischen Nachfragen auf die wohlformulierten Antworten im Stile eines PR-Beraters.

Diskrepanzen zwischen der von Eliasch stets für wichtig erachteten Nachhaltigkeit und einem Weltcup-Kalender mit immer mehr Rennen und damit mehr Reisen räumte der Präsident später im Einzelinterview ein. »Man muss die richtige Balance finden«, sagte er. Aber das Hauptaugenmerk liege eben im Moment darauf, in einer Saison »uns in so vielen Märkten wie möglich auszustellen«.

Im Auditorium des Forums, das vor allem für die Medien veranstaltet wird, saßen ausnahmsweise auch viele Sportdirektoren, um zu erfahren, was der Fis-Präsident so plant. Die Kommunikation mit dem als unnahbar geltenden Eliasch soll nicht die beste sein. Das hört man nicht nur von jenen Verbänden, die gerade im Clinch mit ihm liegen. Deutschland, Österreich, die Schweiz und Kroatien haben gegen die Wiederwahl des Präsidenten in diesem Sommer geklagt und warten noch immer auf die Anhörung vor dem Cas, die nun für den 5. Dezember angesetzt ist.

Skiverbände, die selbst regelmäßig Weltcup-Rennen veranstalten, beklagen außerdem, dass Eliasch gelegentlich Entscheidungen im Hauruckverfahren durchsetzen will. Der Fis-Präsident lässt keinen Zweifel daran, dass die Vermarktung der Fernsehrechte zentralisiert werden müsse. »Ein verbessertes Medienrechte-Management bringt der Fis mehr Geld, und so können wir für höhere Preisgelder sorgen«, argumentierte er. Die meisten Verbände könnten sich damit arrangieren, aber eben nicht sofort, denn es gibt noch laufende Verträge der Weltcup-Veranstalter, die es zu erfüllen gilt. Der Weltcup steht vor unruhigen Zeiten.

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