Noch monatelang Pendelverkehr

Havarie wegen Hochhausbau sorgt weiter für Betriebsstörungen der U-Bahn

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Noch monatelang wird auf der U2 am Alexanderplatz nur ein Pendelzug im 15-Minuten-Takt verkehren. Das sagte BVG-Betriebsvorstand Rolf Erfurt am Freitag am Rande der Vorstellung des ersten neuen U-Bahnzugs des Typs JK. »Frühestens im Februar werden wir das zweite Gleis wieder befahren können«, so Erfurt.

Immerhin gibt es laut dem BVG-Betriebsvorstand nun ein Sanierungskonzept für den im Bereich des Bahnhofs Alexanderplatz um mehrere Zentimeter abgesackten Tunnel der U2: Er soll durch die Injektion von Flüssigbeton unter dem Bauwerk wieder in die ursprüngliche Lage gebracht werden. Dem vorausgegangen war die Identifizierung der Ursache für die Absackung. Eine zwischen Tunnel und der angrenzenden Baugrube für ein Hochhausprojekt des Immobilieninvestors Covivio eingezogene Stützwand hatte sich verschoben. »Dadurch ist Erdreich weggerutscht«, so Erfurt.

Klar sei inzwischen auch, dass das noch für den Pendelverkehr verbliebene südliche Gleis weiter in Betrieb bleiben kann. Es sei standsicher, sagte Erfurt. Das hätten Bauwerksprüfungen ergeben. Zunächst hatte auch eine komplette Betriebseinstellung der U2 im Bereich des Alexanderplatzes im Raum gestanden. Immerhin der Pendelbetrieb zwischen Senefelderplatz und Klosterstraße kann also weiterhin aufrechterhalten werden.

Für die Aufnahme der Sanierungsarbeiten ist jedoch eine entsprechende Genehmigung nötig. Die entscheidende Rolle spielt dabei die Bauaufsicht des Bezirksamtes Mitte. Covivio sei zuversichtlich, die Genehmigung noch im Dezember zu erhalten, berichtete Rolf Erfurt. Er selber hält das für eine sehr optimistische Annahme.

Der Immobilienkonzern hat ein großes finanzielles Interesse daran, die Arbeiten schnellstmöglich aufzunehmen. Einerseits gilt bis zur Behebung des Problems am Tunnel ein Baustopp für das Hochhaus. Andererseits wurde in der für die Baugenehmigung nötigen sogenannten nachbarschaftlichen Vereinbarung mit den Berliner Verkehrsbetrieben auch die Zahlung eines Schadenersatzes bei aus den Arbeiten resultierenden Betriebsstörungen vereinbart. »Es handelt sich um eine Summe im niedrigen fünfstelligen Bereich, die täglich anfällt. Das tut Covivio richtig weh«, sagte Erfurt. Die Millionengrenze wird bei dem zu zahlenden Betrag auf jeden Fall überschritten. Natürlich muss der Konzern auch die Kosten für die Tunnelreparatur übernehmen.

Mit der Havarie am Alexanderplatz sind seit 2012 bereits dreimal Tunnelbauwerke der U2 in Mitte durch angrenzende Bauarbeiten stark beschädigt worden. »Es ist Wahnsinn, dass für den Immobilienirrsinn die Hauptadern der Stadt riskiert werden«, sagte Katalin Gennburg im Oktober zu »nd«. Sie ist stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus.

»Wann lernt die Politik dieser Stadt (Parteifarbe egal), dass das Funktionieren Berlins immer Vorrang vor den Interessen von ›Investoren‹ haben muss?«, fragte der Berliner Fahrgastverband IGEB nach Bekanntwerden des Sanierungsfahrplans für die U2.

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