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Freistaat greift im Dresdner Rathaus ein
Machtpoker um Bürgermeister: CDU kündigt Bündnis auf
In einem seit vier Monaten anhaltenden Machtpoker um die Wahl von fünf Fachbürgermeistern in Dresden hat sich jetzt die Kommunalaufsicht eingeschaltet. Die Landesdirektion Sachsen drängt in einem Brief nicht nur darauf, mit der »erforderlichen Kompromissbereitschaft« eine Lösung zu finden. Einem Bericht der »Sächsischen Zeitung« zufolge wirft sie auch die Frage auf, ob in Dresden noch den »Erfordernissen einer gesetzmäßigen Verwaltung« entsprochen werde, und weist auf die Möglichkeit hin, einen Beauftragten im Rathaus einzusetzen. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) wird aufgefordert, sich bis 9. Dezember zu äußern.
In der sächsischen Landeshauptstadt hätten eigentlich schon Mitte August neue Bürgermeister für Finanzen, Umwelt, Kultur, Wirtschaft und Soziales gewählt werden sollen. Eine Vereinbarung über ein entsprechendes Personalpaket hatten die Ratsfraktionen von CDU, Grünen, Linke und SPD bereits 2020 getroffen. Am 15. August wählte die Ratsmehrheit zunächst den von der SPD gestellten Finanzbürgermeister, dem Hilbert aber das laut sächsischer Gemeindeordnung nötige Einvernehmen verweigerte, woraufhin alle weiteren Wahlen abgesetzt wurden. Der OB war im Juli für eine zweite Amtszeit gewählt worden und hatte danach den offenen Machtkampf mit dem Stadtrat gesucht. Dieser hätte Hilberts Veto mit Zweidrittelmehrheit überstimmen können, was aber nicht gelang. Seither gab es viele Verhandlungen, in denen es unter anderem um die Frage ging, ob die Zahl der Fachbürgermeister erhöht oder verringert werden solle. Zudem wurden drei weitere Wahlversuche im Rat unternommen, deren letzter vorige Woche scheiterte.
Weil die fünf bisherigen Amtsinhaber mittlerweile alle ausgeschieden sind, gibt es beträchtliche Folgen für die Verwaltungsarbeit. Die Linke sieht die Rathausspitze »nahezu verwaist«; neben Hilbert amtieren nur noch die Bürgermeister für Bildung und Verkehr. Auch sei die Vertretung der Stadt in 43 Gremien und Organen derzeit nicht geregelt. Dieses Thema wird im Brief der Landesdirektion angesprochen, ebenso die Frage, ob ein Mediator eingeschaltet werden sollte. Die SPD befürwortet das, die Grünen drängen auf ein »moderiertes Verfahren«. Hilbert hat seinerseits bei der Landesdirektion angefragt, ob die Ausschreibung der fünf Posten womöglich mittlerweile gescheitert sei und ein neues Verfahren beginnen müsse.
Ob über das bisherige Personalpaket noch einmal abgestimmt wird, ist ohnehin offen, weil die CDU auf Abstand zu den bisherigen Partnern geht. Sie beschuldigte SPD und Linke, die Wahlen zu torpedieren, um der Stadtspitze »Handlungsunfähigkeit unterstellen« zu können, und erklärte, die Vereinbarung mit Rot-Rot-Grün sei »hinfällig geworden«. Die Rede ist von »anderen, breiteren Mehrheiten«. Das lässt nichts Gutes erahnen. Neben den bisher verbündeten Fraktionen gibt es im Dresdner Stadtrat mit FDP und Dissidenten zwei kleine Gruppen – und außerdem die Vertretungen von AfD und den in Dresden sehr rechtslastigen Freien Wählern.
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