Vor allem nicht grün

Die SPD hat ihre Wahlkampagne vorgestellt – sie präsentiert sich als sozial und undogmatisch

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 3 Min.

Da hängen sie wieder: die Wahlplakate. An Laternen, Straßenschildern und Aufstellern hat am Montagmorgen der visuelle Wahlkampf begonnen. Nicht einmal eineinhalb Jahre nach der Berlin-Wahl 2021 zieren erneut bunte Slogans und lächelnde Gesichter die Hauptstadt. Anlass ist die bevorstehende Wiederholungswahl des Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen am 12. Februar.

Die meisten Parteien veröffentlichten ihre Mottos und Designs vor Jahresende, nur die SPD ließ bis Januar auf sich warten. Bei einer Pressekonferenz am Montag, pünktlich zu Beginn der Plakatierung und der Möglichkeit zur Briefwahl, stellen die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und SPD-Fraktionschef Raed Saleh die Plakate vor. Saleh erklärt, welche Botschaft hinter der späten Veröffentlichung steckt: »Wir haben nicht angefangen, uns mit den politischen Mitstreitern und Mitstreiterinnen auseinanderzusetzen. Sondern wir haben unsere Arbeit gemacht für die Menschen in der Stadt.« In selber Manier betont Giffey: »Wir haben zwar Wahlkampf, aber ich habe nebenbei auch eine Stadt zu regieren. Und das ist mein absoluter Fokus.«

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Wer sich ernsthaft für das Wohl der Stadt einsetzt, müsse sich nicht auf das Hickhack der übrigen Parteien einlassen, so der Grundtenor der Veranstaltung. Anstatt verschiedene Interessengruppen gegeneinander auszuspielen, würde die Berliner SPD auf sozialen Zusammenhalt setzen. »Zusammen Berlin« lautet in diesem Sinne das Motto der Kampagne, für die sozialen Medien gibt es die coole, vokalbefreite Version »ZSM BLN«.

Klar ist, dass sich die SPD mit dieser Haltung insbesondere von den Grünen und ihrer vermeintlichen Klientelpolitik abgrenzen will. Als ein Journalist nach der neuen Parkraumregelung und der Ansage aus der grün geführten Mobilitätsverwaltung fragt, dass Fahrräder kostenlos auf Autoparkplätzen abgestellt werden können, ergreift Giffey die Gelegenheit und distanziert sich von der Verkehrssenatorin Bettina Jarasch. »Wir brauchen einen Umgang, der nicht die einen Verkehrsteilnehmer gegen die anderen ausspielt. Das passt gut zu der ausgleichenden SPD.«

Ausgleichend und sozial möchte sich die SPD darstellen. Dafür soll eines der Hauptthemen stehen: Die Fortsetzung des 29-Euro-Tickets. Das Plakat mit der Aufschrift »29-Euro-Ticket für alle« und Giffey, wie sie vor einer U-Bahnbrücke steht, lässt das vergünstigte ÖPNV-Angebot wie ein alleiniges Projekt der Sozialdemokrat*innen erscheinen. Das war ein gemeinsamer Erfolg, gibt Giffey auf Nachfrage zu. Es gehe der SPD aber um die Zeit nach April – denn im Gegensatz zu den Grünen möchte ihre Partei das Angebot parallel zu dem bundesweit geplanten 49-Euro-Ticket aufrechterhalten. »Ich habe kein Verständnis dafür, warum Jarasch keine Verlängerung über April hinaus will«, greift auch Saleh die aktuellen Koalitionspartner*innen an. Dass Jaraschs Verwaltung sich mit dem Nachbarland Brandenburg abstimmen möchte, sagt Saleh nicht dazu.

Nach den Seitenhieben gegen die Grünen überrascht es nicht, dass sich Giffey und Saleh nicht per se zu einer Koalition bekennen wollen. Eine grün-rot-rote Regierung mit Jarasch im Roten Rathaus? »Wir wollen gewinnen und wir werden gewinnen, unser Fokus liegt deshalb auf Platz eins«, sagt Giffey siegessicher. Passend zu dem Gewinner-Ego ist das zweite Plakatmotiv gestaltet: »Unsere Regierende« steht da schlicht neben dem Foto der Regierenden. Sie werde täglich auf der Straße als »Regierende« begrüßt, erzählt Giffey. »Da haben wir uns gedacht, das schreiben wir einfach mal auf das Plakat.« Ein Slogan, der sich zumindest schwer bestreiten lässt.

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