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Superstars als Systemfehler bei Paris St. Germain
Bislang scheiterte PSG stets am großen Ziel, jetzt kommt der FC Bayern München
Wie zwei Hörner ragten die Ausläufer der schwarzen Mütze in die Höhe. Kylian Mbappé hatte sich diese Kopfbedeckung aufgesetzt, auch Neymar trug ein ähnliches Teil. Lionel Messi genügten derweil Halswärmer und Handschuhe. Doch trotz kühler Temperaturen herrschte auf dem Klubgelände von Paris Saint-Germain am Montag strahlender Sonnenschein. Denn die drei Superstars sind pünktlich vor dem Achtelfinale in der Champions League an diesem Dienstag gegen den FC Bayern München gut gelaunt auf den Trainingsplatz zurückgekehrt. Symbolhaft übte das Triumvirat beim Kreisspielchen gemeinsam in einer Gruppe. Das PSG-Klubfernsehen kommentierte die Sequenzen fast überschwänglich.
Da scheint sich der teuerste Dreizack der Fußballwelt doch noch rechtzeitig wieder zu vereinen. Der Klub selbst hatte Anfang des Monats kommuniziert, dass Mbappé mit einer Muskelverletzung rund drei Wochen ausfallen würde. Plötzlich scheint für den 24-Jährigen auch mehr als ein Teilzeiteinsatz im Prinzenpark möglich. Bei Messi hatte sich angedeutet, dass es nach der beim Pokalaus gegen Olympique Marseille aufgetretenen Muskelermüdung für den 35-Jährigen vielleicht reichen würde. Nur Neymar schien fit, wenn auch nicht wirklich in Form: Der 31-Jährige zankte nach dem mit einer besseren B-Elf verlorenen Ligaspiel in Monaco öffentlich mit Mitspielern. Mbappé setzte bei Instagram daraufhin folgenden Post ab: »Lasst uns stark und vereint bleiben.«
Wenn es etwas gibt, für das sich der französische Wunderstürmer, der brasilianische Superstar und der argentinische Weltmeister ungeachtet ihrer ausgeprägten Egos zusammenraufen müssen, dann für die Königsklasse. Mit Hilfe des katarischen Staatsfonds leistet sich PSG seit 2021 die Anstellung des prominenten Trios »MNM« – doch die wertvollste Trophäe im Vereinsfußball hat sich damit nicht kaufen lassen. Im Gegenteil: Frankreichs Meister wirkt vom sehnsüchtigen Triumph wieder weiter weg als 2020, als die Bayern im Finale gegen die damals von Thomas Tuchel trainierten Pariser nur dank des Köpfchens von Kingsley Coman und der Glanztaten von Manuel Neuer triumphierten.
Mit seinen »drei Außerirdischen« landete Paris im Vorjahr gegen den späteren Champion Real Madrid bereits im Achtelfinale auf dem Boden der Tatsachen. Die Indizien sind erdrückend, dass sich die Starttruppe selbst im Wege steht. Spötter sprechen von einem 7-3-System: Sieben Spieler schuften gegen den Ball, drei schauen eher zu: Messi und Mbappé bringen nur in minimalistischer Dosis die Bereitschaft auf, Mittelfeld und Abwehr zu unterstützen, der häufiger auf die Zehner-Position geschobene Neymar macht zumindest teilweise mit. Insgesamt kommt das Defensivverhalten jedoch arg alibihaft daher, und diese Unwucht kann auf diesem Niveau keine Mannschaft kompensieren.
Christophe Galtier, immerhin 2021 Meistertrainer mit dem Außenseiter OSC Lille, macht gar keinen Hehl aus der strukturellen Unausgewogenheit: »Bei uns entstehen zu viele Lücken.« Die Mittelfeldarbeiter, der Italiener Marco Verratti und der Portugiese Vitinha, sind oft nur damit beschäftigt die Lücken zu stopfen, weil auch Rechtsverteidiger Achraf Hakimi gerne munter drauflosstürmt.
Mbappé und Messi müssten von der WM 2018 und 2022 eigentlich wissen, wie wichtig das funktionierende Kollektiv ist: Speziell dem Argentinier wäre die Krönung seiner Karriere in Katar kaum gelungen, wenn der Kapitän nur nebenhergetrabt wäre. In der Wüste hatte der Genius vor Spiellaune und Kampfeslust gesprüht. Vielleicht fehlt ihm in Paris die Herzenswärme, die ihm zuletzt die Nationalmannschaft und davor immer Barcelona gegeben hat. Eine Vertragsverlängerung gilt als wenig wahrscheinlich, zumal auch das Verhältnis zu Mbappé belastet sein soll. Der WM-Torschützenkönig könnte sich daran gestört haben, dass die Argentinier bei den ausgelassenen Siegesfeiern vor allem ihn verspotteten, obwohl seine einzige Despektierlichkeit darin bestand, im flirrenden Finale von Doha dreimal zu treffen. Oder neidet ihm Messi die 630 Millionen Euro, die für seine Vertragsverlängerung geflossen sind?
Präsident Nasser Al-Khelaifi muss zur neuen Saison irgendwie sehen, die astronomischen Gehaltsausgaben in den Griff zu bekommen, denn ewig können die Finanzwächter der Uefa nicht beide Augen zudrücken. Es ist gut möglich, dass der im Sommer ablösefreie Messi denselben Lockrufen wie sein ewiger Rivale Cristiano Ronaldo erliegt: Die Herrscher in Saudi-Arabien wollen den gleichen Weg gehen wie die Scheichs in Katar – mit dem Fußball das Image aufzupolieren, was dank der willfährigen Fifa vortrefflich funktioniert. Alles ist darauf ausgerichtet, im Verbund mit Ägypten und Griechenland die WM 2030 auszurichten. Als Tourismusbotschafter hat Messi für die Saudis schon langfristig unterschrieben.
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