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Duell mit Geschichte: Liverpool gegen Real Madrid
Zirkus Europa: Das Achtelfinale in der Königsklasse
Wie nennt man eigentlich die Revanche nach einer Revanche? »Rerevanche« wäre eine hübsche Option, aber in den allgemeinen Sprachgebrauch hat es diese Wortschöpfung rund um die Anfield Road noch nicht gebracht. Warum auch, denn eine echte Revanche ist es ja nicht, was da an diesem Dienstag im europäischen Fußball-Zirkus zur Vorführung gebracht wird. Zwei Endspiele hat der FC Liverpool in der jüngeren Vergangenheit gegen Real Madrid vergeigt, beide höchst unglücklich. Wie sollte da ein Erfolg im Achtelfinale der Champions League so etwas wie Satisfaktion verschaffen?
Liverpool gegen Real, das ist ein europäischer Klassiker mit einer nur scheinbar halbwegs ausgeglichenen Bilanz. Fünfmal gewann Madrid, dreimal die Reds, aber ihr letzter Sieg gelang 2009. Wer weiß das schon noch abseits von »The Kop«, der legendären Fantribüne an der Anfield Road, die sich so schön auf Liverpools deutschen Trainer reimt?
Jürgen Klopp hat bisher eine, nun ja, suboptimale Saison mit dem FC Liverpool gespielt. In der Premier League könnte es eng werden mit einem Platz unter den Top Four und einer Qualifikation für die Champions League. Diesen Job könnten die Reds auch direkt im europäischen Geschäft erledigen, mit einem Sieg am 10. Juni im Finale von Istanbul. Davor muss im Achtelfinale aber erst mal der Titelverteidiger aus dem Weg geräumt werden. Schmerzhafte Erinnerungen werden wach. Zum Beispiel an das Frühjahr 2018, als Liverpool sich im Endspiel von Kiew mit Real duellierte.
Es war der große Abend des in Madrid heute schon fast vergessenen Walisers Gareth Bale, der ein denkwürdiges Tor per Fallrückzieher schoss, bei dem er wie ein zur Jagd bereiter Falke über dem Liverpooler Strafraum verweilte und dann blitzschnell zustieß. Für die beiden anderen Tore war Loris Karius zuständig. Liverpools deutscher Torhüter warf sich den Ball zweimal ins eigene Netz, was vielleicht auch an einem vorherigen Ellenbogencheck von Reals Verteidiger Sergio Ramos lag. Der hatte zuvor schon Mohammed Salah gefoult, was zum frühen Ausscheiden des damals weltbesten Fußballers führte. Diesen Catchergriff haben sie Ramos bis heute nicht verziehen, obwohl der Spanier längst in Paris spielt und mit PSG im Achtelfinale gegen die Bayern rausfliegen dürfte.
Der Finaltriumph von Kiew war der insgesamt 13. für Real. Nummer 14 folgte im vergangenen Sommer in Paris, ebenfalls gegen den FC Liverpool, der eine ganze Nacht lang das Madrider Tor belagert hatte und doch immer wieder am belgischen Torhüter Thibaut Courtois gescheitert war. Weil auf der anderen Seite Reals Brasilianer Vinicius Junior gegen seinen Landsmann Alisson Becker traf, ging das Finale mit 1:0 an Madrid. Jürgen Klopp kleidete den Spielverlauf in die treffende Formulierung: »Wenn der Torwart Man of the Match ist, dann weißt du, dass irgendetwas scheiße gelaufen ist.«
Später ist viel über Courtois debattiert worden. Noch mehr über die französische Polizei, die Liverpools Fans vor dem Stade de France so intensiv kontrolliert hatte, dass die Partie eine halbe Stunde später begann. Mit noch größerer Verspätung übernahm die Uefa die Verantwortung für das Chaos und sicherte den Liverpooler Fans acht Monate nach dem verlorenen Finale – gerade noch rechtzeitig vor dem neuerlichen Rencontre mit Real – eine angemessene Entschädigung zu. Aber was wäre, abgesehen von einem erneuten Einzug der Reds ins Endspiel, schon angemessen? Aber da sollte sich die Uefa besser nicht einmischen.
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