Ukraine-Krieg: Panzer im Schlussverkauf

In Flensburg werden alte »Leopard 1« für den Ukraine-Krieg fit gemacht. Das Geschäft lohnt sich

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

Derzeit läuft es nicht gut mit den versprochenen Panzerlieferungen in die Ukraine. Das ist offensichtlich. Zwei Bataillone – also nach ukrainischen Maßstäben rund 70 »Leopard 2« – wollten Nato-Staaten zur Verfügung stellen. Davon kann gegenwärtig keine Rede sein, ganz zu schweigen von der notwendigen Bereitstellung von Ersatzteilen und Munition.

Deutschland, so hat der Kanzler versprochen, wird 14 »Leopard 2 A6« liefern. Das sind relativ moderne Varianten. Andere Nato-Staaten wollen ältere Modelle und auch die nur in geringer Stückzahl abgeben. Das verstärkt die Probleme auch bei der Ausbildung ukrainischer Besatzungen. Während die an den von Deutschland zugesagten 40 »Marder«-Schützenpanzern schon ein paar Wochen läuft, hat die am »Leopard 2« erst vor einer Woche begonnen. Mindestens vier weitere Wochen stehen noch bevor. Die ukrainischen Soldaten kommen zumeist aus der Panzertruppe und trainieren sechs Tage in der Woche täglich zwölf Stunden, aber in so kurzer Zeit lassen sich kaum schlagkräftige Panzerverbände aufstellen, die gemeinsam mit anderen Waffengattungen agieren.

Während bislang noch keine »Leopard 2« kampfbereit sind, geht man unter anderem bei der Flensburger Fahrzeugbau-Gesellschaft (FFG) ans Werk, um den Vorgängertyp »Leopard 1« zu entrosten. Zwischen 1964 und 1984 wurden rund 4700 Stück bei der Krauss-Maffei AG – heute Krauss-Maffei Wegmann (KMW) – gebaut. Abnehmer gab es in zahlreichen Nato-Armeen. Heute findet man den »Leopard 1« fast nur noch in Museen. Oder auf dem Hof der Flensburger FFG.

99 Stück sollen dort aufgereiht sein, heißt es in dänischen Medien. Nun ist ein erneuter Export geplant, der sich für die FFG gewiss auszahlt. 2010 soll der norddeutsche Mittelständler FFG die ausgemusterten Panzer – so die Berichte – für rund 13 000 Euro pro Fahrzeug vom dänischen Militär gekauft haben. Das dürfte damals dem Schrottwert entsprochen haben. Jetzt will der dänische Staat die in Flensburg wieder fit gemachten Panzer für ein Vielfaches des Verkaufspreises zurückholen. Das Geschäft, so heißt es in Dänemark, hat wohl – inklusive der Kosten für den Transport, Ersatzteile sowie Munition – einen Wert von rund 130 Millionen Euro.

An dem Deal sind bislang drei Länder beteiligt. Dänemark, Deutschland und die Niederlande wollten so ihre Solidarität mit der von Russland überfallenen Ukraine bekräftigen, hieß es vor zwei Wochen in einer Erklärung. Bis zu 187 Stück der Modifikation »Leopard 1 A5« könnten gemäß der Genehmigung des Bundeswirtschaftsministeriums an Kiew übergeben werden. Auch in Belgien denkt man über die Initiative nach. Dort stehen – gleichfalls in Privatbesitz – Dutzende »Leopard 1« herum. Noch streiten Besitzer und Regierung über die Kosten. Der Angebotspreis lag in der vergangenen Woche bei 500 000 Euro pro Stück. Die Regierung hatte beim Verkauf 15 000 Euro Stückpreis erlöst.

Das Problem liegt aber nicht nur bei den gigantischen finanziellen Zugewinnen. Die fast 60 Jahre alten Veteranen sind kaum geeignet für moderne Gefechte. Der erste nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland konstruierte Panzer war gewiss den damals vom Warschauer Pakt eingesetzten T 34-, T 55- und vielleicht noch den T 62-Panzern sowjetischer Bauart überlegen. Doch die hat nicht einmal mehr das weite Russland im Bestand. Die Panzerung des »Leopard 1« entspricht dem Stand im vergangenen Weltkrieg, es sind simple moderne Panzerabwehrwaffen. Hubschrauber, Drohnen und anderes billig zu beschaffendes Kriegswerkzeug hätten ebenso leichtes Spiel wie die russischen Panzer moderner T-Serien. Die Zieleinrichtungen der alten »Leopard«-Panzer sind antiquiert, die Kanone mit dem ungewöhnlichen Kaliber von 105 mm kann nur Munition auf kurze Distanzen und mit geringer Durchschlagskraft verschießen – so sich überhaupt genügend Granaten beschaffen lassen. Einkäufer sind weltweit unterwegs. Brasilien beispielsweise hätte sicher genug passende Granaten, doch die Regierung von Präsident Lula da Silva will nicht liefern. Brasilien wirbt lieber für Verhandlungen unter Einbeziehung Chinas.

Lesen Sie zu den Kriegsprofiten auch den Text »Granaten garantieren Gewinn« von René Heilig.

Alles in allem bringen die »Leopard 1«-Panzer kaum einen Zuwachs an Kampfkraft. Sie sind beim Angriff maximal für die Begleitung von Infanterie tauglich – wenn man die Panzer in Masse einsetzt. Positiv fällt ins Gewicht: Besatzungen lassen sich relativ einfach ausbilden. Negativ ist indessen: Die Überlebensfähigkeit der Soldaten dürfte nicht allzu hoch sein.

20 Panzer ließen sich in Flensburg innerhalb von drei Monaten wiederherrichten, schreibt die dänische »Jyllands-Posten« unter Berufung auf die FFG. Bleibt die Frage: Wer soll die Ausbildung stemmen? Reservisten, die den Typ selbst gefahren und die entsprechende Taktik noch kennen, sind kaum noch aufzutreiben.

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