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Streit um Frankreichs Aufenthaltsrecht
Grundrechtsbeauftragte übt scharfe Kritik an der geplanten Reform des Ausländerrechts
Die französische Grundrechtsbeauftragte Claire Hédon kritisiert das von der Regierung vorgelegte neue Ausländergesetz, das »wesentliche Mängel« habe und »Anlass zur Besorgnis« biete. Dies erklärte Hédon, die 2020 durch Präsident Emmanuel Macron in das 2008 per Verfassungsänderung geschaffene unabhängige Amt berufen wurde, am Donnerstag in einer offiziellen Stellungnahme gegenüber dem Parlament. Die Legislative wird im März – zunächst im Senat und anschließend in der Nationalversammlung – über den Gesetzentwurf beraten und abstimmen.
Hédon, die Jura studiert hat, engagiert sich seit vielen Jahren als Journalistin für Entwicklungshilfe in der Dritten Welt und für den Schutz sozialer Randgruppen in Frankreich. Auch in ihrem jetzigen Amt, das sie zunächst bis 2026 ausüben wird, nimmt sie kein Blatt vor den Mund. Nach eigenen Angaben machen Klagen ausländischer Staatsbürger*innen, die von Diskriminierung betroffen sind, einen Großteil ihrer Arbeit aus.
Der jetzt von der Regierung vorgelegte Gesetzentwurf beruhe weitgehend auf »unbelegten Feststellungen« über mangelnde Integrationsbereitschaft von Ausländern und den angeblich stetig wachsenden Einwanderungsdruck, leitet Hédon ihre Stellungnahme ein und betont, dass solche »sachlich falschen und oft diskriminierenden Darstellungen« nur zu oft die öffentliche Debatte über dieses Thema bestimmen. Der Ansatz des neuen, bereits 30. Ausländergesetzes seit 1980 unterscheide sich in keiner Weise von den vorangegangenen 29 und dürfte darum wie diese zum Scheitern verurteilt sein, schlussfolgert die Ombudsfrau.
Präsident Emmanuel Macron hatte vor einigen Wochen in einem Interview erklärt, es gehe bei dem Gesetz darum, die Rechte von »Asylbewerbern, ausländischen Studenten und von Fachkräften, die zur Arbeit nach Frankreich kommen«, zu stärken und zu schützen, gleichzeitig aber »die Maßnahmen gegen illegale Einwanderung zu verschärfen« und jeden Abschiebungsbescheid zu vollstrecken. Sein rechter Innenminister Gérald Darmanin hat das auf die Formel gebracht, man wolle »freundlich zu den freundlichen und böse zu den bösen« Ausländern sein.
Die Grundrechtsbeauftragte kritisiert, das neue Gesetz werde, wie bereits seine Vorgänger, weitere administrative Hürden errichten und die Bedingungen für Ausländer*innen in Frankreich verkomplizieren und verschlechtern. So betreffen heute schon zahlreiche Klagen die extrem schleppende Behandlung der Anträge von Ausländer*innen auf Erteilung oder Verlängerung von Aufenthaltsgenehmigungen durch die Präfekturen, aber auch den unpersönlichen und unfreundlichen Umgang der Behörden mit ihnen. Claire Hédon fordert, dass der Staat dafür mehr Personal und Geld bereitstellen solle. Ihrer Überzeugung nach bietet der Gesetzentwurf in dieser Hinsicht keine Verbesserungen. Im Gegenteil, er »instrumentalisiere« das Aufenthaltsrecht, um mangelnde Integration oder persönliches Verhalten, das die öffentliche Ordnung stört oder bedroht, zu bestrafen.
Dazu gehöre, dass der Gesetzentwurf vorsieht, die Erteilung einer mehrjährigen Aufenthaltserlaubnis von der Beherrschung eines bestimmten Niveaus der französischen Sprache abhängig zu machen. Doch ein sicherer Aufenthaltsstatus sei eine Vorbedingung für erfolgreiche Integration. Der Gesetzentwurf mache sie stattdessen zu einer Voraussetzung für einen gesicherten Aufenthaltsstatus. Damit werde der Zugang zum Aufenthaltsrecht weiter eingeengt.
In diesem Zusammenhang verurteile Hédon auch die Absicht, den besonderen Schutz von jungen, gerade erst volljährigen Ausländern, die bereits vor ihrem 13. Lebensjahr nach Frankreich gekommen sind und seitdem hier leben, lernen und arbeiten, abzubauen. Künftig sind sie wie Ausländer anderer Altersgruppen durch Abschiebung in ihre Heimat bedroht, wenn ihnen Angriffe auf die Sicherheit und die Grundinteressen des Staates, Terrorismus oder Aufruf zu Gewalt und Rassenhass nachgewiesen werden. Diese Palette von Vorwürfen wird mit dem neuen Gesetz – wie von der rechten Opposition gefordert – um jegliche Art »ernsthafter Bedrohung der öffentlichen Ordnung« wesentlich erweitert.
Automatische Abschiebung droht künftig auch jeder kriminell gewordenen Person mit ausländischer Staatsbürgerschaft nach Verbüßung ihrer Haft, wenn sie zu zehn oder mehr Jahren – oder bei Wiederholungstaten zu fünf Jahren – verurteilt wurde. Hédon kritisiert, dass dieser Automatismus dem Grundrecht jedes Menschen zuwiderläuft, individuell beurteilt und behandelt zu werden, ebenso wie dem Ziel der Justiz, Täter*innen auf eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorzubereiten.
Als »mehr als bedenklich« empfindet es die Ombudsfrau, dass die Möglichkeiten für Asylbewerber, gegen die Ablehnung ihres Antrags Einspruch einzulegen, wesentlich eingeschränkt werden sollen. Offiziell dient das dem Ziel, die Dauer der Verfahren zu verkürzen, aber offenbar sollen dadurch auch Mittel eingespart werden.
Selbst die Regelung, wonach illegal eingewanderte Ausländer eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen können, wenn sie in Berufszweigen mit extremem Personalmangel wie der Gastronomie, dem Bauwesen oder der Altenpflege zu arbeiten bereit sind, die auch als Zugeständnis an die linke Opposition gedacht war, findet nur wenig Beifall bei der Grundrechtsbeauftragten. Eine solche »Regularisierung durch Arbeit« öffne der Willkür der Unternehmen und Behörden Tür und Tor.
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