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  • FC Chelsea in der Champions League

Wenn Geld im Fußball keine Tore mehr schießt

Trotz großer Investitionen versinkt der FC Chelsea in der Bedeutungslosigkeit

  • Sven Goldmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Chelseas größter Tag: Didier Drogba (2. v. l.) gleicht im Finale der Champions League gegen München aus und holt später den Titel per Elfmeter.
Chelseas größter Tag: Didier Drogba (2. v. l.) gleicht im Finale der Champions League gegen München aus und holt später den Titel per Elfmeter.

Ach, Chelsea! Wo sind Champions, wenn wahre Champions gefragt sind? Zum Beispiel an diesem Dienstag, wenn der FC Chelsea vielleicht seine auf absehbare Zeit letzte Vorstellung im ganz großen europäischen Fußballzirkus gibt. 611 Millionen Euro hat der Klub in dieser Saison in neues Personal investiert und dümpelt in der Premier League doch nur im Irgendwo des diffusen Mittelfelds herum. Wenn es im Achtelfinalrückspiel der Champions League gegen Borussia Dortmund so weitergehen sollte wie beim 0:1 im Hinspiel vor drei Wochen, dürfte allerlei Häme über der Stamford Bridge ausgekippt werden. Auch Missgunst muss man sich verdienen, und immerhin das ist Chelsea nicht abzusprechen.

In den Swinging Sixties des 20. Jahrhunderts war der Klub aus dem Westen Londons mit Trainer Tommy Docherty und Torjäger Peter Osgood mal so etwas wie der erste Rock-’n’-Roll-Klub der Fußball-Geschichte. Lange her. Die Beliebtheitswerte der Blues sind überschaubar, seit Roman Abramowitsch vor bald 20 Jahren dort mit seinem Einstieg einem neuen Raubtier-Kapitalismus den Weg im Fußballgeschäft bereitete. Mit russischem Geld stürmte Chelsea vor elf Jahren erstmals zum Gewinn der Champions League. Unumstrittener Anführer war der Ivorer Didier Drogba, ein wahrer Champion. So wie er das auch an jenem 19. Mai 2012 demonstrierte, in München gegen den FC Bayern, der das Spiel in der Arena von Fröttmaning schnell und laut zum »Finale dahoam« deklariert hatte. Ein wenig zu schnell und zu laut.

Die Bayern sahen nach einem späten Tor von Thomas Müller schon wie der sichere Sieger aus. Dann aber kam Drogba. Zum ersten Mal bei einem Eckball zwei Minuten vor Schluss. Juan Mata flankte auf den kurzen Pfosten, aus dem Hintergrund stürmte Drogba heran und rammte den Ball mit dem Kopf zum 1:1 ins Tor. Noch später, im finalen Elfmeterschießen, setzte er nach Bastian Schweinsteigers Fehlschuss den entscheidenden Treffer zu Chelseas Sieg. Im Anschluss hielt er noch eine kleine Rede; es ging dabei nicht so sehr um ihn und seine Tore, denn wahre Champions reden lieber über andere. Also sprach Drogba über die Fans, Torhüter Petr Čech und natürlich über Chelsea: »Das ist ein großer Tag für unseren Klub. Endlich kommt der Cup an die Stamford Bridge!«

Als Drogba im Frühling 2004 von Marseille nach London gekommen war, galt er vor allem als ein Spekulationsobjekt. Für die klammen Franzosen, weil sie sich mit der damals noch atemberaubend anmutenden Ablöse von 36 Millionen Euro auf einen Schlag sanierten. Und für den Investor Abramowitsch, weil er seinen gerade erworbenen Klub so schnell wie möglich nach oben bringen wollte. Acht Jahre später stand Abramowitsch in der Nacht von München auf der Tribüne, ein unscheinbarer Mann mit Dreitagebart und Strickjacke. Als Drogba auf dem Weg zur Siegerehrung an ihm vorbeischritt, fielen sie sich kurz in die Arme. Wahrscheinlich hat das untergegangene Swinging London den zuvor oft angefeindeten russischen Finanzier damals nicht nur respektiert, sondern sogar ein bisschen geliebt.

Abramowitsch ist längst Geschichte in Chelsea, da russisches Geld auch im englischen Fußball nicht mehr so gern gesehen ist. Die neuen Millionen kommen nun aus den USA, wo Todd Boehly und die Investmentgesellschaft Clearlake Capital in diesem Winter mehr investiert haben als alle Klubs aus den anderen vier europäischen Top-Ligen zusammen. Ted Boehly ist öfter mal zu Gast an der Stamford Bridge und in seiner blauen Trainingsjacke ein begehrtes Fotomotiv. Die Strickjacke des Roman Abramowitsch ist ihm aber noch ein gutes Stück zu groß.

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