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Der FC Bayern wird zum Angstgegner von ganz Fußball-Europa
Eine mannschaftlich überzeugende Vorstellung gegen Paris Saint-Germain lässt die Münchner vom Triple träumen
Es gibt noch diese Momente im Berufsleben des Sportdirektors Hasan Salihamidžić, in denen er wieder mehr der Spieler Hasan Salihamidžić ist. Als er selbst noch auf dem Platz stand für den FC Bayern München, hatte er sich immer so mitreißend freuen und seine Begeisterung nur schwer zügeln können. Am Mittwochabend war wieder mal so ein Augenblick gekommen. Salihamidžić stand vor den Kameras und versuchte, den Einzug der Münchner ins Viertelfinale der Champions League gegen Paris St. Germain einzuordnen. Immer wieder fiel dabei das Wort »überragend«. Bei der Beschreibung der Leistung einzelner Spieler und der der ganzen Mannschaft.
Im Augenblick des Erfolges, des 2:0 daheim gegen das Star-Ensemble von Paris Saint-Germain und gleichzeitig des achten Sieges im achten Königsklassen-Spiel dieser Saison, war dies verständlich. Aber dann besann sich Salihamidžić darauf, dass er als Sportdirektor doch auch der Abteilung Vorsicht vorzustehen hat. Es sei ja noch »ein langer Weg«, ließ er plötzlich wissen. Und jetzt schaue er erst einmal auf das nächste Bundesligaspiel am Samstag gegen den FC Augsburg. Nach dem vielen Lob klang das plötzlich etwas zu bescheiden, doch er blieb dabei. »Na ja, das ist ein Achtelfinale«, sagte Salihamidžić noch. »Soll ich jetzt hier tanzen, oder was?«
Es wäre eine interessante Pointe an diesem ereignisreichen Abend in München gewesen, aber Salihamidžić verzichtete auf die Einlage und gönnte sich, wie er ankündigte, lieber »ein Glas Wein, weil solche Abende schön sind«. Der am Mittwoch war auch ein Signal an den Rest der europäischen Beletage. »Ich sehe keinen, der stärker ist als wir«, sagte Bayerns Präsident Herbert Hainer. Widersprechen wollte dem Chef niemand, nur versuchte es der eine oder andere etwas dezenter zu formulieren: »Ich wüsste keine Mannschaft, die Juhu schreit, wenn sie auf den FC Bayern trifft«, sagte Stürmer Thomas Müller.
Trainer Julian Nagelsmann ist ohnehin grundsätzlich der Meinung, dass »wir nur schwer zu schlagen« seien. Allerdings müsse seine Mannschaft jedes Mal ein paar Voraussetzungen erfüllen: »Maximale Gier und Emotionalität« mit der zweifelsfrei vorhandenen Qualität im Kader paaren zum Beispiel. Wenn das bis zum Ende der Saison gelinge, sagte der Münchner Trainer, »dann können wir alles erreichen«.
Gegen Paris hat das vor allem in der zweiten Halbzeit nahezu perfekt geklappt. Bei Eric Maxim Choupo-Motings Führungstreffer war Nagelsmann am Spielfeldrand kaum mehr zu halten; bei Serge Gnabrys 2:0 schnappte er sich den kurz davor erst ausgewechselten Müller zum gemeinschaftlichen Jubeln. Es war ja auch der Sieg des Trainers über seine Kritiker. Aus dem Umfeld hatte es zuletzt schon einmal geheißen, Nagelsmann habe die Kabine bereits verloren. Die Spieler nicht mehr hinter sich zu haben, bedeutet in der Regel nichts Gutes. Mit dem Erfolg gegen Paris hat Nagelsmann vermutlich nicht alle Zweifel beseitigt, aber gezeigt, dass er noch Zugang zur Mannschaft hat. Er gab seinen Spielern einen Plan an die Hand, den sie in der ersten Halbzeit nicht ganz, in der zweiten aber dann überzeugend umsetzten.
Fachlich gab es zuletzt kaum Kritik am Coach, wohl aber an Nagelsmanns Art der Kommunikation, der Vermittlung vielleicht zu komplexer Ideen. Doch der Trainer tat nun das, was auch schon bei ein paar seiner Vorgänger zum Erfolg geführt hatte: Er nahm die Spieler in die Verantwortung. Die Entscheidung, »wo es hingeht auf dem Platz«, müsse »aus der Mannschaft« kommen, hatte er angekündigt. Und am Mittwoch wirkten die Münchner vielleicht zum ersten Mal in dieser Saison tatsächlich wie ein eingeschworenes Team.
Leon Goretzka erinnerte das Spiel an eine Zeit, »ein bisschen wie damals unter Hansi Flick«, als die Bayern in der Coronakrise 2020 zu einer Einheit zusammenwuchsen. »Wenn du ausgespielt wurdest, war das kein Problem, weil gleich der Nächste da war«, so der Nationalspieler. Gegen Paris lebte dieses »Einer für alle und alle für einen« am deutlichsten Matthijs de Ligt vor. Dass er in der ersten Halbzeit den Patzer von Yann Sommer ausbügelte, brachte ihm nicht nur viel Lob ein, sondern auch die Ankündigung eines kleinen Präsents: Er werde de Ligt einen Lastwagen voll mit Schweizer Schokolade vor die Haustüre stellen, kündigte der Münchner Torwart an.
Vielleicht sollte er noch ein bisschen warten, den niederländischen Abwehrchef zum Konsum von zu viel Süßem zu verführen. Die Bayern brauchen einen fitten de Ligt. Denn sie haben noch einiges vor in dieser Saison.
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