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Tarifeinigung bei der Deutschen Post: Pragmatischer Arbeitskampf
Die Frage, ob Verdi mit einem unbefristeten Streik mehr für die Beschäftigten hätte herausschlagen können, bleibt unbeantwortet
Nun kommt es bei der Deutschen Post vorerst doch nicht zu einem richtigen, unbefristeten Streik. Nachdem die Gewerkschaft Verdi mit dem Ergebnis der Urabstimmung ihre Zähne zeigte, wurde am Freitag und Samstag schnell nochmal verhandelt und doch ein Ergebnis gefunden, auf das man sich einigte.
Das Angebot zum Verhandeln kam am Donnerstag von der Konzernspitze. Sie war sich offenbar nicht so sicher, dass ihre Drohung, Unternehmensteile auszugliedern, angesichts eines allgemeinen Arbeitskräftemangels wirklich ernstzunehmen war. Außerdem tut es dem Image nicht gerade gut, bei den Lohnforderungen der Beschäftigten knausrig zu sein, während man gerade erst eine Dividendenerhöhung für die Aktionär*innen angekündigt hat. Also legte das Management schnell ein besseres Angebot vor.
Doch auch Verdi muss nun Kröten schlucken. Mit 24 Monaten ist die Laufzeit des neuen Tarifvertrages doppelt so lang, wie von der Gewerkschaft gefordert. Dies erhöht das Risiko für die Beschäftigten, infolge der Inflation weitere Reallohnverluste zu erleiden. Auch gibt es erst im nächsten Jahr eine tabellenwirksame Entgelterhöhung.
Die Gewerkschaft hat dem Kompromiss zugestimmt, weil sie sich ihrer Sache offenbar nicht so sicher war. Schließlich konnte sie bei ihrem letzten unbefristeten Streik beim Konzern im Jahr 2015 ihre eigentliche Forderung, die Auflösung von Regionalgesellschaften, in denen die Beschäftigten weniger verdienten, nicht durchsetzen. So setzte sich auch in diesem Arbeitskampf wieder der Pragmatismus durch. Die Frage ist nur, ob Verdi mehr für die Beschäftigten hätte herausschlagen können, wenn sie das Angebot abgelehnt hätten. Doch bleibt diese vorerst unbeantwortet.
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