Kein Platz für Radstreifen am Bahnhof Köpenick

Der Bahnhof Köpenick ist eine Engstelle – und droht das auch nach seinem Umbau zu bleiben

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 5 Min.

»Kein Tramverkehr«: In der vergangenen Woche konnten Fahrgäste das wiederholt auf der Anzeige am S-Bahnhof Köpenick lesen. In der Bahnhofstraße drängte sich so viel Verkehr, dass nichts mehr voranging und die Tram zwischen Bahnhof und Rathaus zeitweise außer Betrieb blieb. Der Umbau des Bahnhofs Köpenick warf seine Schatten bereits voraus.

Kommende Woche wird die Bahnhofstraße dann zeitweise vollständig gesperrt. Die Bauarbeiten gehen los. Bis 2027 soll der Bahnhof Köpenick zum Regionalbahnhof werden. Doch trotz des Ausbaus droht der Bahnhof sowohl oben auf dem Bahndamm als auch unten auf der Bahnhofstraße eine Engstelle zu bleiben. 

Zwar soll im Zuge des Umbaus die Brücke über die Bahnhofstraße von 16 auf 19 Meter verbreitert werden. Doch um allen gerecht zu werden, ist das zu wenig Platz, kritisieren Verkehrsexperten. Die Strecke gehört zum Vorrangnetz für den Radwegeausbau. Radstreifen müssen hier nach dem Berliner Mobilitätsgesetz eine Breite von 2,50 Meter je Richtung haben. Das gleiche Maß ist auch für den Fußverkehr vorgesehen. 

Auf 19 Metern ließen sich zwar auch ausreichend breite Radstreifen und Fußwege errichten, die Tram müsste sich dann aber mit dem Autoverkehr den Fahrstreifen teilen. Jens Wieseke, Sprecher des Fahrgastverbandes Igeb, sagt, dass das hohe Verkehrsaufkommen in der Bahnhofstraße schon jetzt Bus und Tram ausbremse. Es bräuchte deshalb eine gemeinsame Spur für Bus und Tram, die allein für die Öffis reserviert ist. 3,50 Meter je Fahrtrichtung sind dafür nötig. 

Alles zusammengerechnet könne man eigentlich nur einen Schluss ziehen, so Ragnhild Sørensen von der Radinitiative Changing Cities: »Es ist kein Platz mehr für Autos.« Wenn aber weiterhin Pkw in der Bahnhofstraße die Brücke unterqueren sollen, entstehe ein »Nadelöhr« und eine für alle Verkehrsteilnehmer unbefriedigende Lösung. 

Gleichwohl ist die Verkehrssituation in Köpenick kompliziert. Wird die Bahnhofstraße für den Autoverkehr gesperrt, fließt dieser in die Wohnstraßen. Für die vorgesehene Westumfahrung der Bahnhofstraße, die diese entlasten soll, sollen die Planfeststellungsunterlagen dieses Jahr erst eingereicht werden. Eine zeitnahe Lösung ist damit nicht in Sicht.

Ragnhild Sørensen sagt, dass es im Zuge der Umsetzung des Mobilitätsgesetzes zwangsläufig zu Engstellen kommen wird. »Wenn es aber zu eng für alle wird, braucht es den Mut, eine konsequente Lösung zugunsten des Umweltverbundes durchzusetzen«, so die Radverkehrsaktivistin zu »nd«. Irgendwo müsse eben damit begonnen werden, das Auto zurückzudrängen. Wenn die Fahrt mit dem Pkw unbequemer werde, dann nehme der motorisierte Individualverkehr auch ab, ist sich Sørensen sicher. 

Dass die Bahnhofstraße für Autos gesperrt wird, ist allerdings nicht vorgesehen. Es sei deshalb grotesk, dass der Neubau des Bahnhofs und die Aufweitung der Brücke nicht den Anforderungen des Verkehrs vor Ort gerecht werden, sagt Sørensen. Die Deutsche Bahn, Bauherr vor Ort, verweist, was die Breite der Brücke und die Spuren-Aufteilung in der Bahnhofstraße anbelangt, an den Senat. Warum die Brücke so schmal bleibt, beantwortet die Senatsmobilitätsverwaltung nicht. Eine nd-Anfrage von Dienstag vergangener Woche blieb bisher unbeantwortet. 

Währenddessen zeigt sich beim Umbau des Bahnhofs Köpenick noch ein zweites Problem. Igeb-Sprecher Jens Wieseke sagt nicht nur, dass die Brücke zu schmal sei. Auch der Bahnhof selbst sei zu klein dimensioniert.

Der Grund dafür ist, dass Köpenick der nächstgelegene Bahnhof zum Stadion An der Alten Försterei ist. So wie es derzeit aussieht, dürfte der 1. FC Union Berlin auch in Zukunft erstklassig bleiben, wenn er nicht sogar im internationalen Fußball mitspielt. Ab kommendem Jahr soll das Stadion umgebaut werden und von 22 000 auf 37 000 Plätze anwachsen. Zwar werden nicht alle Fans mit dem künftig am Bahnhof Köpenick haltenden Regionalexpress anreisen. Und auch die Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft (Odeg), die den RE1 seit Kurzem betreibt, will nicht in die Glaskugel blicken. »Inwieweit der neue Halt der RE1 in Köpenick auch für eventuelle Großereignisse überhaupt nachgefragt wird, können wir als Eisenbahnverkehrsunternehmen aktuell nicht einschätzen«, heißt es auf nd-Anfrage.

Doch gehen mit Fußballspielen auch immer wieder längere Ein- und Ausstiegszeiten einher. Die Polizei muss am Bahnsteig eingreifen, und Züge bleiben lange im Bahnhof stehen. Es hätte deshalb neben dem Bahnsteig für die S-Bahn und dem zukünftigen Bahnsteig für den Regionalexpress einen dritten gebraucht, wo Züge stehen können, ohne nachfolgende zu blockieren, ist Wieseke überzeugt. 

Die Deutsche Bahn will kein Problem sehen. Man habe den Zustrom zu den Fußballspielen bei den Planungen berücksichtigt, heißt es mit Verweis auf das Umfahrungsgleis. Auf diesem sollen Fern- und Güterverkehr den Regionalexpress überholen können, wenn dieser im Bahnhof hält. Auch bei Union ist man frohen Mutes. Der Bahnhof Köpenick mit den erweiterten Kapazitäten sei »ein wichtiger Bestandteil unseres Verkehrskonzeptes«, sagt Stadion- und Pressesprecher Christian Arbeit zu »nd«.

Doch unklar bleibt, wo der Regionalexpress halten soll, wenn am Bahnsteig bereits ein Zug steht. »Es geht hier ja nicht um eine Nebenstrecke«, betont Wieseke. Nicht zuletzt der RE1, der eigentlich dreimal pro Stunde unterwegs sein soll und bei dem es auch ohne Großereignisse nicht selten zu Verspätungen kommt, ist eine der wichtigsten Verbindungen der Region. 

Anders gelöst ist das am Bahnhof Olympiastadion. Während ein Bahnsteig für die S-Bahn vorgesehen ist, gibt es zusätzlich vier Kopfbahnsteige für Sonderzüge, wenn Veranstaltungen oder Fußballspiele im Olympiastadion stattfinden. Vier zusätzliche Bahnsteige mögen zwar allein für Spiele bei Union zu viel sein. Doch kein einziger, das ist für Wieseke definitiv zu wenig. 

Wenn am Ende die Schiene den Zuschauerstrom nicht stemmen kann, nimmt vielleicht auch die Anzahl an Fans ab, die mit dem Zug zum Spiel kommen. Das Auto ist dann wieder gefragt, und in den Köpenicker Straßen wird es eng. Es hängt eben eins am anderen. »Das Kind ist in den Brunnen gefallen«, sagt Wieseke. 

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