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Demokratie an der Klippe
Cyrus Salimi-Asl zum maßgeschneiderten Gesetz für Israels Premier
Besser hätte es kaum laufen können für Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu: Seine stramm rechte Koalitionsregierung arbeitet ein Gesetz aus, das es praktisch unmöglich macht, einen Ministerpräsidenten für amtsunfähig zu erklären und abzusetzen. Der müsste entweder selbst zurücktreten (das käme Netanjahu nie in den Sinn) oder wahlweise von geistiger Umnachtung oder einer schweren Krankheit betroffen sein. Nicht genug: Der Premier müsste seiner eigenen Amtsenthebung sogar noch zustimmen, wenn ihm nicht drei Viertel seiner Minister den Laufpass geben.
All diese Bedingungen zu erfüllen, scheint reichlich unrealistisch. Demokratie war gestern, Netanjahu und seine Mannen haben eine Vision für Israel, die sie gegen jeden Widerstand durchsetzen wollen: Israel soll ein homogener, nationalistischer Staat werden, in dem nur die jüdische Bevölkerung alle Rechte genießt und Minderheiten Nachteile hinnehmen müssen.
Wie offensichtlich der Interessenkonflikt ist, den das politische System Israels nun schon lange aushalten muss, sieht man daran, dass Netanjahu keinen Anlass für diese Gesetzesänderung hatte – außer der Befürchtung, dass er wegen seiner Korruptionsaffären einem Amtsenthebungsverfahren zum Opfer fallen könnte. Diese Sorge ist nun vom Tisch. Den Schaden nehmen die Demokratie und die politische Kultur Israels. Besser gesagt, haben sie schon genommen, denn der Stehaufpolitiker Netanjahu ist seit Jahren verantwortlich für eine Verschiebung der politischen Koordinaten nach rechtsaußen und eine Aushöhlung der Institutionen eines Staats, der gerne als »einzige Demokratie im Nahen Osten« gefeiert wird. Auf dem Papier mag das stimmen, und das Recht zu protestieren nutzen die Israelis seit Wochen ausgiebig. Nur: Es ändert nichts.
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