- Politik
- Vereinigte StaatenUSA
Offene Verfahren gegen Donald Trump in den USA
Staatsanwälte in New York und Georgia sowie auf Bundesebene ermitteln gegen den Ex-Präsidenten
Donald Trump hat eine Lieblingsbezeichnung für Ermittlungen gegen ihn: »Hexenjagd«. Justizverfahren gegen den ehemaligen US-Präsidenten sind seines Erachtens allesamt »politisch motiviert«; er sei »der unschuldigste Mann in der Geschichte der USA«. Doch wie auch immer Trump selbst und seine fanatische Anhängerschaft die Lage bewerten: Fakt ist, dass derzeit mehrere mögliche Strafprozesse gegen ihn anstehen.
Unlängst fabulierte Trump von einer »Verhaftung am nächsten Dienstag«, gemeint war der 21. März. Zwar blieb seine Festnahme aus, dennoch gilt eine Anklageerhebung in einem bestimmten Fall als wahrscheinlich. Ankläger wäre der Bezirksstaatsanwalt des New Yorker Stadtteils Manhattan, Alvin Bragg. Womöglich ist er der erste Staatsanwalt in den USA, der einen ehemaligen Präsidenten anklagt. Nicht nur von Trump, sondern auch von anderen republikanischen Politiker*innen wird Bragg heftig attackiert.
Er ermittelt wegen einer Schweigegeldzahlung von 130 000 Dollar (rund 120 500 Euro). Diese Summe soll Michael Cohen, der ehemalige Rechtsanwalt Trumps, an die unter dem Namen Stormy Daniels bekannte Pornodarstellerin Stephanie Clifford gezahlt haben. Diese behauptet, 2006 mit Trump eine Affäre gehabt zu haben. Die Zahlung erfolgte kurz vor der US-Wahl 2016 und sollte offenbar verhindern, dass Daniels an die Öffentlichkeit geht und damit Trump im Wahlkampf schadet.
Trump erstattete Cohen den ausgelegten Betrag, behauptet jedoch, nichts von der Schweigegeldzahlung gewusst zu haben. Das strafbare Verhalten Trumps dreht sich um die Frage, ob die Zahlung illegal verbucht wurde und inwieweit sie gegen Wahlkampffinanzierungsgesetze verstieß. Der Fall gilt als einer der schwächeren gegen Trump, weil mit Cohen der wichtigste Belastungszeuge ein zwielichtiger Rechtsanwalt ist, der bereits wegen mehrerer Straftaten, darunter Steuerhinterziehung und Falschaussagen, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde.
Möglicherweise steht Trump auch im US-Bundesstaat Georgia eine Anklage ins Haus. Dort ermittelt die Bezirksstaatsanwältin Fani Willis, ob Trump und einigen seiner Gefolgsleute der strafbare Versuch nachgewiesen werden kann, das Wahlergebnis nachträglich zu manipulieren. Eine Anklageerhebung wird spätestens im Mai erwartet. In einem Telefonmitschnitt drängt Trump den Wahlleiter in Georgia, Brad Raffensperger, dazu, »11 780 Stimmen zu finden«. Trump behauptete immer wieder wahrheitswidrig, nicht US-Präsident Joe Biden, sondern er habe 2020 die Wahl in Georgia gewonnen.
Um zwei weitere brisante Fälle rund um den mutmaßlich kriminellen Ex-Präsidenten kümmert sich der Sonderermittler Jack Smith: Die Mitnahme zahlreicher Geheimdokumente, die Trump nach dem Ende seiner Präsidentschaft einbehalten hatte, und seine Rolle beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021. Smith wurde kurz, nachdem Trump seine erneute Präsidentschaftskandidatur im November 2022 verkündet hatte, von US-Justizminister Merrick Garland ernannt. Mit diesem Schritt will das Justizministerium den Verdacht der politischen Einflussnahme auf die Ermittlungen seitens der US-Regierung ausräumen. Denn anders als Garland ist Smith kein Mitglied der Biden-Regierung.
Smith selbst wird Trump nicht anklagen, sondern am Ende seiner Ermittlungen dem Justizministerium eine Empfehlung aussprechen, ob und wenn ja, in welchen Fällen Trump angeklagt werden soll. Erst kürzlich musste Trumps Hauptstrafverteidiger, Evan Corcoran, vor einem Gericht in der US-Hauptstadt Washington DC im Fall rund um die Mitnahme der Geheimdokumente aussagen. Das hatte ein Berufungsgericht entschieden, nachdem Trump erfolglos versucht hatte, dies unter Hinweis auf die anwaltliche Schweigepflicht seines Verteidigers zu verhindern. Diese kann außer Kraft gesetzt werden, wenn der begründete Verdacht besteht, dass ein Rechtsbeistand wissentlich oder unwissentlich an Straftaten seines Mandanten beteiligt ist.
Bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus hatte Trump hunderte Regierungsdokumente mitgenommen, die teilweise der höchsten Geheimhaltungsstufe unterliegen. Anstatt sie wie vorgeschrieben dem Nationalarchiv zu übergeben, lagerte er die Unterlagen in seinem privaten Anwesen Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida und verweigerte trotz mehrerer Aufforderungen die Herausgabe. Deshalb kam es im August 2022 zur Hausdurchsuchung durch die US-Bundespolizei FBI, bei der kistenweise Regierungspapiere beschlagnahmt wurden. In dem richterlichen Durchsuchungsbeschluss werden drei Straftatbestände genannt: Verstoß gegen das Spionagegesetz, unbefugte Rückhaltung nationaler Sicherheitsgeheimnisse und Strafvereitelung. Smith ist ferner damit betraut, mögliches strafbares Verhalten Trumps beim Sturm auf das Kapitol zu untersuchen. Rund 1000 der beteiligten Trump-Fans wurden bereits angeklagt und der entsprechende Untersuchungsausschuss des US-Kongresses empfiehlt in seinem Abschlussbericht eine Anklage des rechtsextremen Ex-Präsidenten – unter anderem wegen Aufruhrs.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.