• Politik
  • Rechtsextremismus und öffentlicher Dienst

Lehren aus Fall von AfD-Richter Maier

Verschärfte Regularien sollen in Sachsen helfen, Verfassungsfeinde aus öffentlichem Dienst fernzuhalten

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen: Jens Maier, prominenter Vertreter des extrem rechten »Flügels« der AfD und einst Richter am Landgericht Dresden, strebte in Sachsen zurück auf einen Richterstuhl. Der Politiker, der gegen die Herstellung von »Mischvölkern« agitiert und Verständnis für den norwegischen Rechtsterroristen Anders Brejvik geäußert hatte und vom sächsischen Verfassungsschutz als Rechtsextremist geführt wird, hatte im Herbst 2021 sein Mandat im Bundestag verloren und machte nun von seinem Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst Gebrauch. Die Vorstellung, dass ein Mann mit derart extremen Ansichten wieder Recht sprechen sollte, sorgte verbreitet für Unbehagen. Sachsens Justizministerium beantragte beim Richterdienstgericht, ihn in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, und begründete das mit der »Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechtspflege«. Zudem forderte Ministerin Katja Maier (Grüne) in Land und Bund schärfere Regeln, um die Wiederholung einer »Causa Maier« zu wiederholen.

Für Sachsen liegen diese jetzt vor. Justiz- und Innenministerium gaben ein Gesetzespaket zur Anhörung frei, das eine »Stärkung der Verfassungstreue« im öffentlichen Dienst zum Ziel hat. Dafür sollen das Disziplinar- und das Richtergesetz geändert werden. »Die Reformen machen den öffentlichen Dienst und die Justiz widerstandsfähiger gegen Extremistinnen und Extremisten«, sagte Justizministerin Meier. CDU-Innenminister Armin Schuster sagte, man wolle die Einstellung von Verfassungsfeinden ausschließen und denen, die bereits im Staatsdienst tätig seien, »das Leben so schwer wie möglich machen«. Einen ähnlichen Vorstoß gibt es bereits in Brandenburg. Der dortige »Verfassungstreue-Check« stieß bei der Anhörung im Landtag im Februar aber auf scharfe Kritik. So wurden Parallelen zum Radikalenerlass gezogen, der in Westdeutschland bis in die 1980er Jahre vor allem gegen Lehrer angewandt wurde.

Die Pläne in Sachsen sehen unter anderem vor, Verjährungsfristen spürbar zu verlängern. Falls Beamte gegen die Verpflichtung zur Verfassungstreue verstoßen, soll das künftig auch nach fünf bis zehn Jahren noch geahndet werden können. Zudem werden Zuständigkeiten neu geordnet. Bestimmte Fälle soll das Ministerium an sich ziehen können. So soll eine »einheitliche Handhabung in der gesamten sächsischen Justiz« gewährleistet werden.

Die Regularien sollen auch verhindern, dass Verfassungsfeinde in bestimmten Bereichen überhaupt Beamte werden können. Man wolle bereits bei der Einstellung »genauer hinschauen«, sagte Meier. Eine Abfrage beim Landesamt für Verfassungsschutz soll bei Polizisten und Beschäftigten im Justizvollzug zur Regel werden. Hegten letztere eine verfassungsfeindliche Gesinnung, gefährde das wegen ihrer Aufgaben im Vergleich zu anderen Beamten »in größerem Maße die Stabilität« der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Bisher wurden lediglich Führungszeugnisse geprüft; zudem mussten die Bewerber erklären, dass sie zum Grundgesetz stehen.

Während die Ministerin die Vorschläge als Ausdruck eines »entschlossenen Vorgehens gegen Extremisten« ansieht, überwiegt bei anderen die Skepsis. Kerstin Köditz, Innenexpertin der Linken im Landtag, befürchtet, die Maßnahmen würden »weitgehend ins Leere laufen«. Die Regelüberprüfung beim Verfassungsschutz dürfte bei jungen Bewerbern wenig Erkenntnisgewinn bringen und werde nur »homöopathische Effekte« haben; zudem gebe es keine Garantie, dass der Geheimdienst entsprechende Erkenntnisse auch offen lege. Überhaupt keine Lösung biete die Regierung für Fälle an, in denen verfassungsfeindliche Bestrebungen bei Staatsdienern publik werden, die bereits vom Beamtenstatus geschützt sind und »die man nicht wieder los wird«, wie Köditz formulierte. Noch skeptischer äußerte sich Johannes Lichdi, einstiger Landtagsabgeordneter der Grünen und Rechtsanwalt. Mögliche Auswirkungen der Regierungspläne fasste er auf Twitter mit den Worten zusammen: »Lass mich raten: Die Abweisung von ›Linksextremisten‹ wird sprunghaft steigen, sonst ändert sich nix.« AfD-Fraktionschef Jörg Urban sprach von einem juristisch fragwürdigen »Gesinnungs-TÜV«, durch den »oppositionelle Meinungen unterdrückt« werden sollten.

Dass die »Causa Maier« in Sachsen längst kein Einzelfall ist, zeigt der von Innenminister Schuster vorgelegte fünfte Bericht einer vom Freistaat eingerichteten »Koordinierungsstelle für Extremismusprävention und -bekämpfung«. Demnach seien im Jahr 2022 bei der Polizei »zwölf Sachverhalte mit extremistischem Bezug« bekannt geworden. Es gehe um Delegitimierung des Staates, fehlende Distanz zu rechtsextremistischem Gedankengut, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Seit 2017 gab es insgesamt 66 Fälle. Bisher seien 40 Verfahren abgeschlossen. Es gab sechs Entlassungen. In vier Fällen wurden Geldbußen verhängt, in zweien kam es zur Kürzung der Dienstbezüge.

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