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Lindner vertraut bei Wärmepumpen auf den Markt
Bundesregierung verständigt sich auf zentrale Punkte bei der »Wärmewende«
Christian Lindner wäre kein FDP-Politiker, hätte er nicht nachfolgenden Glaubenssatz parat. Er sei überzeugt, dass »die Preise für Wärmepumpen sinken. Dafür sorgt der Wettbewerb der Anbieter in der Marktwirtschaft«, so der Bundesfinanzminister. Lindner hat diesen Satz in der »Bild am Sonntag« gezielt platziert, braucht der Finanzminister doch einen vagen Hoffnungsschimmer, damit sich eine andere Botschaft nicht ganz so schrecklich für Millionen Hausbesitzer*innen anhört. »Die Möglichkeiten der Förderung durch den Staat sind begrenzt«, sagt der Finanzminister und meint damit, dass es zwar Unterstützung für den Austausch von Millionen Heizungssystemen geben wird, es aber »am Ende immer die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind, die dafür aufkommen«. Übersetzt heißt das: Niemand sollte mit allzu üppiger staatlicher Finanzierung beim Austausch seiner Heizungsanlage rechnen. Wie viel Geld es künftig gibt, ist bisher ebenso unklar wie der Kreis jener, die gefördert werden sollen.
Lindner schwebt vor, dass das Alter und der Zustand der zu ersetzenden Heizung eine zentrale Rolle spielen sollen. »Tendenziell haben Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben, auch Heizungen, die älter sind. Insofern ist damit eine soziale Komponente verbunden«, meint der FDP-Politiker. Viele Fragen bleiben dennoch vorerst unbeantwortet. Etwa auch jene, ob es die angekündigte Förderung nur beim Einbau einer Wärmepumpe gibt oder auch andere Systeme finanziell unterstützt werden.
Hybridsysteme für ältere Häuser wichtig
Das müsste der Fall sein, wenn die Ampel-Koalition ihre am Freitag verkündete Einigung zur Reform des Gebäudeenergiegesetzes ernst nimmt. Diese klingt auf den ersten Blick einfach, ist im Detail durch Ausnahmen und allerlei Sonderregelungen aber kompliziert. Grundsätzlich bleibt es beim Plan von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen), dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. »Mit dem Gebäudeenergiegesetz kommt der verbindliche Umstieg auf Erneuerbares Heizen«, heißt es dazu aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Auch wenn damit in vielen Fällen Wärmepumpen gemeint sind, lässt die Einigung Spielraum für andere Heizsysteme oder Mixlösungen. Auf die viel beschworene Technologieoffenheit hatte besonders die FDP gedrängt, teils wird sie in älteren Bestandsgebäuden, die oft über eine schlechtere Dämmung verfügen, auch praktisch nötig sein. Erlaubt sind in Zukunft beispielsweise sogenannte Hybridsysteme aus Wärmepumpe und Gasheizung, bei der die Wärmepumpe die Grundversorgung deckt und die Gasheizung an kalten Tagen einspringt. Möglich sind auch andere Varianten wie Stromdirektheizungen, das Nutzen von Biomasse oder der Anschluss an ein Wärmenetz.
Eine von der FDP wiederholt ins Spiel gebrachte Lösung ist ebenfalls nicht aus dem Rennen: Heizungen, die Wasserstoff zur Wärmeerzeugung verbrennen. Hier sieht der Ampel-Kompromiss sogar eine äußerst großzügige Regelung vor. Weil es noch gar keine Gasheizungen gibt, die zu 100 Prozent mit Wasserstoff laufen, sind Systeme erlaubt, die sich theoretisch komplett auf Wasserstoff umrüsten ließen. Eine Voraussetzung macht daraus aber eine Lösung, die nur selten umsetzbar sein wird. Bedingung ist nämlich, dass der örtliche Gasnetzbetreiber zusichern kann, dass die Heizung ab 2036 mit mindestens 65 Prozent Wasserstoff betrieben werden kann, es also entsprechende Pläne für ein Wasserstoffnetz gibt.
Viele Expert*innen sind der Technik gegenüber aber ohnehin skeptisch eingestellt: »Aus Effizienzgründen ist der Einsatz von Wasserstoff für die dezentrale Wärmebereitstellung nicht zu priorisieren, da hier ein Vielfaches an grüner elektrischer Energie für die Elektrolyse im Vergleich zu einem Szenario mit Wärmepumpen notwendig wäre«, sagt etwa Felix Doucet von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.
Zwei vorgesehene Ausnahmeregelungen sind ebenfalls wichtig, da es insbesondere bei Wärmepumpen Lieferzeiten von über einem Jahr die Regel sind. Im Havariefall, wenn also eine alte Öl- oder Gasheizung nicht mehr zu reparieren ist, sollen Hauseigentümer*innen nicht im Kalten sitzen müssen. Sie können daher erneut einen Öl- oder Gasbrenner einbauen, allerdings muss diese Heizung später ökologisch nachgerüstet werden, um die 65-Prozent-Vorgabe zu erfüllen. Dafür gibt es eine Frist von drei Jahren.
Härten für alte Menschen abgefedert
Erleichterungen gibt es auch für Hausbesitzer*innen über 80 Jahre: Geht ihre Heizung endgültig kaputt, dürfen sie erneut eine Gas- oder Ölheizung einbauen. Hintergrund der Regelung ist, dass nach Ansicht der Ampel hochbetagten Rentner*innen die hohen Investitionskosten für eine umweltfreundliche Heizung kaum zumutbar sind und sie auch nur schwer an dann vielleicht notwendige Kredite kommen. Aber: Wird das Haus vererbt oder verkauft, greift das neue Recht – allerdings auch mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren. Mit Agenturen
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