Ehrenamt in Brandenburg: Wirksame Hilfe statt Lobhudelei

Dem Ehrenamt in Brandenburg geht es vergleichsweise schlecht

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.

Wer die Gesten der Landesregierung sowie der Kommunen verfolgt, der gewinnt den Eindruck, dass ihnen beinahe nichts so wichtig sei wie das Ehrenamt. Wenn Politiker vor Publikum auftreten, dann kriegen sie sich oft gar nicht mehr ein im Streben, hier ihre Hochachtung zu bekunden. Es regnet Preise, es regnet Ehrungen. Tatsächlich aber ist das Ehrenamt in Deutschland in keiner guten Verfassung. Und die Engagierten in den Kommunen Brandenburgs sind gegenüber anderen Ländern in einer zusätzlichen Nachteilslage. Die endlosen Lobpreisungen sind demnach nur der Vorhang, hinter dem sich ein wachsendes Problem verbirgt.

Die Wirklichkeit allgemein lässt sich an der Situation der Freiwilligen Feuerwehren im Konkreten ablesen. Alle Maßnahmen und Gesten, alle Appelle und Schmeicheleien haben nichts daran ändern können, dass die Mitgliederzahl sinkt. Von der flächendeckenden Einsatzbereitschaft kann schon lange keine Rede mehr sein.

Wie der Soziologe Joachim Klewes bei der Vorstellung seiner »größten Ehrenamtsstudie« sagt, bieten die Kommunen in Brandenburg mehr Ehrungen, Preise und Auszeichnungen an, als selbst die Ehrenamtler erwarten. Gleichzeitig würden die Befragten angeben, dass sie sich mehr Anerkennung und Respekt für das Ehrenamt wünschen. Für Klewes ist das nur scheinbar ein Widerspruch. Denn »warme Worte« würden eben nicht als Unterstützung empfunden, sondern eher als der Versuch, sich einen schlanken Fuß zu machen und sich aus der Verantwortung zu stehlen. Zumal die geringen Kapazitäten, die seitens der Kommunen für die Unterstützung des Ehrenamtes existieren, auch noch zu einem großen Teil damit verbraucht werden, die Namen derer aufzuspüren, die mit der nächsten Ehrung dran sind. Im Unterschied dazu seien aber konkrete Hilfen, schnellere Entscheidungen und weniger Bürokratie gefordert.

Dies zeige sich bei den Abständen zwischen Brandenburg und anderen sogenannten neuen Bundesländern. Nirgends ist die institutionelle Förderung des Ehrenamtes so schwach ausgeprägt. Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern haben diesbezügliche Stiftungen gegründet, Sachsen ist auf dem Wege. In Brandenburg werde dagegen in rund zwei Drittel der Kommunen überhaupt keine Personalstellen vorgehalten, die sich um das Ehrenamt bemühen. Klewes spricht von einem »gewaltigen Kommunikationsproblem«. Das Ehrenamt sei immer dort stark, wo es eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Engagierten und der örtlichen Verwaltung gebe. Grundlage müsse eine »substanzielle Finanzförderung« sein. Zu den Mindeststandards gehöre, dass Ehrenamtlern nicht auch noch auferlegt wird, für ihre Fortbildung zu bezahlen.

Mehr als 2000 Online-Interviews wurden von den Mitarbeitern der Studie geführt, sowohl Ehrenamtler als auch Mitarbeiter in den Kreisen und Kommunen wurden ausführlich befragt. Fast die Hälfte der Befragten (48 Prozent) geht davon aus, dass das Ehrenamt keinen guten Stand im Bundesland hat, 32 Prozent glauben das Gegenteil und die übrigen wissen darauf keine Antwort.

Bei der Befragung zeigen in Brandenburg 49 Prozent der Befragten Bereitschaft zum Ehrenamt – im Bundesschnitt sind es über 58 Prozent. Dazu trägt laut Klewes das wenig attraktive Bild bei, das die Umgebung brandenburgischen Ehrenamtlern bietet. Weil sie alleingelassen werden, müssen sie sich ihrem Ehrenamt länger und intensiver widmen. Mit 6,8 Stunden pro Woche sind sie im bundesweiten Vergleich am zweitstärksten belastet.

Jan Holze von der Deutschen Stiftung für Engagement betont: »Ich mache mir Sorgen um die Förderung des Engagements in Brandenburg.« Während andere Bundesländer einen akzeptablen Umgang gefunden hätten, sei in Brandenburg »eher der gegenteilige Effekt« zu beobachten. Beachtenswert nannte er die Entwicklung in Sachsen-Anhalt, das sich zu einer »Engagementsstrategie« und einem »Landesnetzwerk« bekannt habe und sie auch angemessen ausstatte. Brandenburg hingegen falle von erreichten Positionen sogar wieder zurück. Im Koalitionsvertrag der Regierung SPD, CDU und Grüne sei noch vollmundig vom Vorhaben flächendeckender »Engagementsstützpunkten« die Rede. Seit zwei Jahren seien die aber faktisch nicht mehr existent.

Aus der Studie geht hervor, dass im Kreis Havelland ein vergleichsweise hohes ehrenamtliches Engagement zu beobachten ist, für den Kreis Spree-Neiße gilt das Gegenteil. Während Havelland in hohem Maße Siedlungsgebiet gut situierter, hervorragend vernetzter und oft aus dem Westen zugewanderter Personen ist, musste Spree-Neiße jahrzehntelang als eine Art Notstandsgebiet gelten. Dennoch sei dieser Zusammenhang so nicht nachweisbar, sagt Klewes. Er sieht vor allem die Unterschiede bei der Institutionalisierung der Hilfen als wesentlich an.

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