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Rohre für Rügen-Terminal schon gekauft
Kommt Gas-Anlieferstation nach Mukran? Gespräch mit Scholz und Habeck hinter verschlossenen Türen
Statt Möwengeschrei war an der Küste des Ostseebades Binz ein Pfeifkonzert zu hören, als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstagabend dort eintrafen. Sie hatten rund 60 Vertreter aus Wirtschaft, Touristik und Politik ins Gemeindehaus zu einer Gesprächsrunde eingeladen. Anlass war der seit Monaten andauernde Protest von Menschen, die das auf oder bei Rügen geplante Flüssiggas-(LNG)-Terminal nicht wollen. Zugegen war auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), auch sie hegt neben anderen Mitgliedern der Landesregierung Zweifel an der Notwendigkeit einer weiteren LNG-Anlandestation neben jener, die bereits seit Ende 2022 bei Lubmin besteht.
Die Protestierenden jedoch, etwa 600 wurden gezählt, mussten draußen bleiben. Am Freitag drang auch kein Votum oder eine Tendenz für einen der am Abend zuvor diskutierten Standorte an die Öffentlichkeit. Sowohl der Kanzler als auch der Wirtschaftsminister beschränkten sich anschließend im Wesentlichen auf Statements, in denen sie betonten, wie wichtig ein zusätzliches LNG-Terminal zur Erdgasversorgung im Osten Deutschlands sei. Als Alternative zum Ostseebad Sellin, das die Planenden schon vor einiger Zeit debattiert hatten, war immer mehr der Seehafen Mukran auf den ersten Platz der Vorschlagsliste gehoben worden. Er wird sowohl von Scholz als auch von Habeck goutiert.
Aus den Reihen der Opposition begrüßte es für die FDP in Mecklenburg-Vorpommern der Landtagsabgeordnete David Wulff, dass der Bund Mukran ins Spiel gebracht habe. Der Hafen biete aufgrund seines industriell geprägten Umfelds gute Voraussetzungen für den langfristigen Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur. Die Belange von Natur- und Artenschutz sowie Tourismus auf der einen Seite und die Sicherung der Energieversorgung und -unabhängigkeit auf der anderen müssten gleichwohl abgewogen werden, forderte der Liberale.
Der Fraktionsvorsitzende der ebenfalls oppositionellen Grünen im Landtag, Harald Terpe, kritisierte, dass sich Schwesig in den Gesprächen nicht klar zu Mukran positioniert habe. Sie müsse zudem darlegen, wie es die Landesbehörden in kurzer Zeit schaffen können, alle Verfahren für eine Genehmigung des Terminals abzuwickeln, so Terpe. Keinesfalls dürften unzureichende Prüfungen dazu führen, dass bei einem überstürzt genehmigten Bau nachhaltige Schäden für Umwelt und Menschen entstehen.
Der Vorsitzende des Tourismusverbandes Rügen, Knut Schäfer, sagte im Gespräch mit dem NDR, man müsse darüber reden, inwiefern ein Flüssigerdgas-Terminal in Mukran umsetzbar sei, ohne den Fremdenverkehr der Insel zu schädigen. Seiner Ansicht nach gibt es derzeit keinen Grund daran zu zweifeln, dass die Gasversorgung der fünf neuen Länder und die der südlichen Nachbarn vom Standort Mukran abhängt. Mehrere Inselbürgermeister wollen das Terminal gar nicht auf oder sogar nahe Rügen sehen und haben eine entsprechende Forderung an Ministerpräsidentin Schwesig geschickt. Karsten Schneider, Bürgermeister von Binz (parteilos), kündigt an: Beharrt der Bund auf ein LNG Rügen, werde die Gemeinde wegen möglicher Folgen für Umwelt und Tourismus gegen die Bundesregierung klagen.
Ob Sellin, Mukran oder anderswo: An Rügen wird der Bau eines LNG-Terminals wohl nicht vorübergehen. Immerhin hat die Bundesregierung bereits für eine etwa 38 Kilometer lange Leitung Rohre aufgekauft, die im Zusammenhang mit den nicht mehr realisierbaren Plänen für eine Pipeline Nordstream 2 im Hafen Mukran lagerten. Durch sie soll das Flüssiggas vom künftigen Terminal Rügen zum Terminal Lubmin und von dort aus ins deutsche Gastnetz gelangen. Mit diesem Rohrkauf dürften die Berliner Entscheider so etwas wie vollendete Tatsachen geschaffen haben.
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